Editorial

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz ist vor dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz. Dies klingt zugegebenermaßen etwas holpriger als „nach dem Spiel ist vor dem Spiel“, will aber heißen, dass die Anwaltschaft sich nicht auf Erreichtem ausruhen darf, sondern um die regelmäßige Anpassung der Gebühren kämpfen muss.

Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe ist die Reform des anwaltlichen Gebührenrechts. Eine solche ist nach fünf Jahren dringend erforderlich. Wir dürfen nicht vergessen, dass vor dem 01.08.2013 die letzte lineare Anpassung der Gebühren im Jahre 1994 erfolgt war! Es ist unzumutbar wieder fast 20 Jahre lang warten zu müssen bis unsere Gebühren an die laufend steigenden Kosten, insbesondere für Mieten und Personal, angepasst werden. Deswegen haben die Gebührenausschüsse der Bundesrechtsanwaltskammer sowie des Deutschen Anwaltsvereins einen Forderungskatalog ausgearbeitet und am 16.04.2018 der Bundesjustizministerin Dr. Katarina Barley überreicht.

"Eine Reform des anwaltlichen Gebührenrechts ist nach 5 Jahren dringend erforderlich!"

Wie weit wir mit unseren Forderungen durchdringen, hängt leider auch von den Bundesländern ab, die durch Prozess- und Verfahrenskostenhilfe einen Teil der Kostenerhöhungen mittragen müssen. Überdurchschnittlich viel Verfahrenskostenhilfe gibt es im Familienrechtsbereich. Deswegen bleibt abzuwarten, wie sich die Länder, insbesondere zu unseren Forderungen nach Erhöhung der Kappungsgrenze von € 30.000,00 auf € 50.000,00 und z. B. auch nach Anpassung der Streitwerte in Kindschaftssachen von € 3.000,00 auf € 5.000,00, positionieren. Dies gilt auch für die vorgeschlagene Einführung einer neuen Gebühr für das strafrechtliche Zwischenverfahren, nicht zuletzt um den Gleichklang mit der StPO herzustellen und einer Grundgebühr in der Strafvollstreckung.

Unsere Forderungen sind durchaus moderat. Was die lineare Erhöhung anbelangt, so orientiert sich diese an der Entwicklung der Tariflöhne. Die strukturellen Änderungen sollen Regelungslücken füllen oder gerade bei der Anhebung von Streitwerten endlich zu halbwegs angemessenen Vergütungen in Verfahren, in denen ein besonders hoher Arbeitsaufwand an der Tagesordnung ist, führen. Ich denke hier an Kindschaftssachen, in denen regelmäßig umfangreiche Gutachten überprüft werden müssen und der anfallende Arbeitsaufwand nicht annährend durch die gesetzlichen Gebühren abgebildet wird. Auch soll die unsägliche Ziffer 1010 VV RVG endlich praktische Relevanz erreichen.

Wir werden sehen, was von unseren Forderungen umgesetzt wird. Dabei müssen wir das Gespräch mit Politikern führen und für unsere berechtigten Anliegen werben. Wenn nicht alle berechtigten Forderungen umgesetzt werden, dann müssen wir weiter daran arbeiten, denn nach dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz ist vor dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz.

In diesem Sinne wünsche ich einen schönen Sommer.


Gabriele Loewenfeld

Vizepräsidentin und Vorsitzende der Abteilung III