Bericht über die 11. Berufsrechtsreferentenkonferenz

TEXT: RAin Franziska Hartmann, Referentin RAK München

Am 06.03.2020 fand, initiiert und vorbereitet von den Rechtsanwaltskammern Stuttgart und München, die 11. Konferenz der Berufsrechtsreferenten im Justizpalast in München statt. Zur Konferenz wurde in der Vergangenheit etwa alle zwei Jahre, zuletzt allerdings schon 2016, von jeweils wechselnden Kammern eingeladen. Sie dient dazu, aktuelle berufsrechtliche Fragestellungen zu erörtern, Erfahrungen auszutauschen und durch diesen bundesweiten Austausch zur Harmonisierung der Rechtsanwendung beizutragen. Bei der diesjährigen Neuauflage waren 26 Rechtsanwaltskammern sowie die BRAK mit zusammen 65 Teilnehmern vertreten.

Zur Einleitung hielt Dr. Christian Deckenbrock vom Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität Köln einen Vortrag zur aktuellen berufsrechtlichen Rechtsprechung mit dem Schwerpunkt auf neueren Entscheidungen zur Interessenkollision. Im Anschluss daran wurden besondere Fallgestaltungen aus der Praxis der Kammern erörtert.

Von der Geschäftsführung der BRAK wurde über aktuelle rechtliche und politische Entwicklungen berichtet, insbesondere zum Stand der geplanten Novellierung des anwaltlichen Gesellschaftsrechts.

Sodann wurden die von den teilnehmenden Kammern vorab vorgeschlagenen Themen im Kreise aller Teilnehmer, moderiert von den Vizepräsidenten Prof. Ingo Hauffe aus Stuttgart und Dr. Thomas Kuhn aus München, erörtert:

Auf der umfangreichen Tagesordnung stand u.a. die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang anwaltliches Berufsrecht auf Rechtsanwälte anwendbar ist, die als gerichtlich bestellte Nachlassverwalter, Betreuer o.Ä. (zum Insolvenzverwalter vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.08.2004, Az., 1 BVR 135/00) tätig werden. Hier käme eine Anwendung des anwaltlichen Berufsrechts durch die Rechtsanwaltskammer im Aufsichtsverfahren oder eine Aufsicht durch das bestellende Gericht innerhalb des spezifischen Rechtsrahmens, etwa des Betreuungsrechts, in Betracht. Nach eingehender Diskussion ergab sich, dass eine differenzierte Behandlung eines Vorganges danach notwendig ist, ob die im Raum stehende Pflichtverletzung anwaltsspezifisch ist (der Rechtsanwalt etwa  unter Verwendung seiner Berufsbezeichnung den anwaltlichen Vertreter des anderen Beteiligten umgangen hat) und ob die in Frage stehende berufsrechtliche Norm überhaupt angewendet werden kann oder nicht, da sie z.B. ein Mandatsverhältnis voraussetzt (vgl. § 11 BORA), welches bei gerichtlicher Bestellung als Pfleger oder Verwalter nicht besteht.

Weitere Themen der Berufsrechtsreferentenkonferenz waren Legal Tech und die entsprechende Einordnung von z.B. anwaltlichen Inkassodienstleistern (Diskussion des Urteils des BGH vom 27.11.2019, Az. VIII ZR 285/18), die berufsrechtliche Behandlung von Datenschutzverstößen, sowie das Vorgehen bei Berufsrechtsverstößen im Zusammenhang mit dem beA. Bei allen regionalen Unterschieden ließ sich feststellen, dass sämtliche Rechtsanwaltskammern Ihre Mitglieder aktiv auf die Einrichtung und Nutzung des beAs hinweisen und soweit nötig, auch ein berufsrechtliches Verfahren anstrengen.

Thematisiert wurde, welche Anforderungen an einen sogenannten „Of Counsel“ der Rechtsanwaltskanzlei zu stellen sind. Gemäß § 59a BRAO ist dem Rechtsanwalt eine berufsrechtliche Zusammenarbeit nur mit den dort genannten Berufsträgern gestattet. Anlässlich des Urteils des Niedersächsischen AGH vom 11.11.2019 (Az. 39/16 (I/13)) stellt sich daher die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein „Of Counsel“ innerhalb einer Kanzlei tätig sein und auf dem Briefbogen und der Homepage der Kanzlei als solcher geführt werden darf. Die Berufsrechtsreferenten waren sich einig, dass der Tätigkeit eines und der werbenden Bezeichnung als „Of Counsel“ nur dann keine berufsrechtlichen Bedenken entgegenstehen, wenn es sich bei der betroffenen Person um einen zugelassenen Rechtsanwalt handelt.

Besprochen wurde auch die anwaltliche Werbung mit sogenannten „Spezialistenbezeichnungen“. Hier wurde im Konsens festgehalten, dass die Verantwortung für eine zulässige Werbung dem Rechtsanwalt selbst obliegt. Eine Vorabprüfung durch die Rechtsanwaltskammern, ob eine Spezialistenbezeichnung zulässig ist, wird von der Mehrheit der Kammern abgelehnt; bei Anfragen durch Mitglieder wird von der Kammer auf die strengen sachlichen Voraussetzungen für die Verwendung der Bezeichnung „Spezialist“ hingewiesen.

Im Hinblick auf die den Rechtsanwaltskammern obliegende Aufsichtspflicht bezüglich des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz - GwG) erfolgte ein reger Austausch zwischen den Rechtsanwaltskammern zu den aktuellen Entwicklungen, betreffend Prüfungsablauf und -Volumen sowie zur diesbezüglichen internen Organisation der Rechtsanwaltskammern.

Diskutiert wurde schließlich der Umfang der Verschwiegenheitsverpflichtung der Rechtsanwaltskammern in verschiedenen Fallgestaltungen: Informationen der Kammern untereinander bei parallel laufenden Aufsichtsverfahren, Mitteilungen an den Beschwerdeführer im Rügeverfahren, Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft in Verfahren gegen ehemalige Mitglieder.