Verpflichteteneigenschaft, § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG

Das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (GwG) spielt in der anwaltlichen Berufspraxis eine deutlich größere Rolle als oftmals angenommen wird.

Das GwG begründet Präventivpflichten, die verhindern sollen, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von ihren Mandanten unwissentlich zum Zweck der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht werden. Damit dient das GwG in Bezug auf die Anwaltschaft in erster Linie ihrem Selbstschutz!

Unabhängig davon, dass die Pflichten des GwG bußgeldbewehrt sind, sollte jeder von uns ein starkes Eigeninteresse besitzen, sich mit den dortigen Regelungen auseinanderzusetzen.

Um Ihnen die Übersicht über den Pflichtenkatalog zu erleichtern, haben wir Ihnen im Folgenden die Grundlagen des GwG aus einem anwaltlichen Blickwinkel zusammengestellt.

Verpflichteteneigenschaft

Das GwG richtet sich an den Kreis der sogenannten „Verpflichteten“. Damit gemeint sind bestimmte Adressaten, die aufgrund ihrer beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeit besonders gefährdet erscheinen, für Zwecke der Geldwäsche missbraucht zu werden.

Der Gesetzgeber sieht diese Gefahr bei der Anwaltschaft insbesondere deshalb, weil häufig gerade in Situationen Rechtsrat gesucht wird, in denen hohe Geldsummen im Spiel sind oder komplexe Strukturen verwirklicht werden sollen.

Gerade Immobiliengeschäfte und gesellschaftsrechtliche Transaktionen, bei denen der Gesetzgeber die größte Gefahr der Geldwäsche sieht, finden oftmals unter anwaltlicher Mitwirkung statt. Deshalb legt das GwG Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die in derartigen sensiblen Bereichen tätig sind, besondere Präventivpflichten auf, um Risiken frühzeitig erkennen zu können.

Anders als bei anderen Verpflichtetengruppen – beispielsweise Banken –, bei denen pauschal am Tätigkeitsfeld angeknüpft wird, geht das GwG somit gerade nicht davon aus, dass alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gleichermaßen gefährdet sind, sondern knüpft an deren konkrete Mandatsverhältnisse an.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind daher nur Verpflichtete nach dem GwG, soweit sie an sog. „Katalogtätigkeiten“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG mitwirken.

Bei diesen Katalogtätigkeiten handelt es sich um die Tätigkeiten, die nach der Einschätzung des Gesetzgebers das höchste Risiko bergen, für Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden. Dazu zählen:

  • die Mitwirkung an der Planung oder Durchführung von
    -    Kauf oder Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. a) aa) GwG)
    -    Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit.  a) bb) GwG)
    -    Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. a) cc) GwG)
    -    Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. a) dd) GwG)
    -    Gründung, Betrieb oder Verwaltung von Treuhandgesellschaften, Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. a) ee) GwG)
  • die Durchführung von Finanz- oder Immobilientransaktionen im Namen und auf Rechnung des Mandanten (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. b) GwG)
  • die Beratung des Mandanten im Hinblick auf dessen Kapitalstruktur, dessen industrielle Strategie oder damit verbundene Fragen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. c) GwG)
  • die Erbringung von Beratung oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen oder Übernahmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. d) GwG)
  • die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. e) GwG).

Zur Konkretisierung des Inhalts der einzelnen Katalogtätigkeiten verweisen wir auf die Auslegungs- und Anwendungshinweise zum GwG der Bundesrechtsanwaltskammer, genehmigt durch den Vorstand der jeweils örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer.

Zusätzlich gilt Folgendes:

  • Die Verpflichteteneigenschaft knüpft stets an den Rechtsanwalt als natürliche Person an und nicht an die Kanzlei oder Berufsausübungsgesellschaft. Auch als angestellter Rechtsanwalt oder freier Mitarbeiter können Sie daher Verpflichtete/r sein.
  • Die Verpflichteteneigenschaft beginnt bereits mit der auf ein Kataloggeschäft bezogenen Mandatsannahme.
  • Bereits ein einziges Mandat, welches eine Katalogtätigkeit zum Inhalt hat, löst die Verpflichteteneigenschaft aus. Dabei ist es unerheblich, ob das angestrebte Geschäft, beispielsweise der Immobilienkauf, letztendlich auch tatsächlich zustande kommt, da schon die Mitwirkung an Vorbereitungshandlungen – die Planung – nach dem Gesetzeswortlaut ausreichend ist. 
  • Es reicht auch eine vergleichsweise geringfügige Tätigkeit aus, um die Verpflichteteneigenschaft zu begründen.
  • Sofern Sie von der Mandantschaft beispielsweise einen Immobilienkaufvertrag zur Prüfung vorgelegt bekommen, reicht bereits dieser isolierte Auftrag aus, um Sie nach dem GwG zu verpflichten – unabhängig davon, ob Sie auch an der späteren Transaktion beteiligt sind, die Mandantschaft also beispielsweise zum Notar begleiten oder der Kaufpreis über Ihr Anderkonto abgewickelt wird.

Soweit Syndikusrechtsanwälte anwaltliche Tätigkeiten i.S.d § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG ausüben, findet das GwG auch auf diese Anwendung.

Sind der Syndikusrechtsanwalt und sein Arbeitgeber beide Verpflichtete, obliegt nach      § 10 Abs. 8a GwG die Einhaltung der allgemeinen Sorgfaltspflichten dem Arbeitgeber.

Ist der Arbeitgeber selbst nicht Verpflichteter, muss der Syndikusrechtsanwalt die allgemeinen Sorgfaltspflichten in eigener Verantwortung erfüllen. Nur die Schaffung interner Sicherungsmaßnahmen obliegt stets dem Arbeitgeber.

Achtung: In beiden Konstellationen sind Sie weiterhin verpflichtet, eine Risikoanalyse gem. § 5 GwG zu erstellen! Ebenso besteht die Pflicht fort, Feststellungen zum Hintergrund der Geschäftsbeziehung zu treffen und zu prüfen, ob ggf. verstärkte Sorgfaltspflichten einzuhalten sind (zu den Pflichten des GwG im Einzelnen unter B.).

Soweit Mandant des Syndikusrechtsanwalts allein dessen Arbeitgeber ist, kann die Erfüllung mandatsbezogener Pflichten des GwG entfallen, da insofern allein der Arbeitgeber als Mandant zu identifizieren ist.

Für Syndikusrechtsanwälte, die im Auftrag ihres Arbeitgebers Dritte beraten oder vertreten, gilt diese Privilegierung jedoch nicht. In diesen Fällen müssen Sie die Dritten auch weiterhin nach den Maßgaben des GwG identifizieren.

Weitere Informationen siehe Inhaltsverzeichnis