Bei den Pflichten zum Risikomanagement handelt es sich um abstrakte, vom konkreten Einzelmandat unabhängige Pflichten. Diese müssen Sie erfüllen, sobald Sie zum Verpflichteten werden, also sobald Sie ein Katalogmandat annehmen.
Das Risikomanagement umfasst die Risikoanalyse nach § 5 GwG und die internen Sicherungsmaßnahmen nach § 6 GwG.
1.1 Erstellung einer Risikoanalyse
Nach § 5 GwG müssen Sie als Verpflichteter in Form einer sogenannten Risikoanalyse diejenigen Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung ermitteln und bewerten, die für die von Ihnen betriebenen Geschäfte bestehen. Diese Pflicht stellt eine der Kernpflichten des GwG dar.
Bei der Risikoanalyse handelt es sich um ein Dokument, in dem Sie abstrakt die Mandats- und Mandantenstruktur Ihrer Kanzlei sowie Ihre generelle Tätigkeitsausrichtung und Ihre Kanzleiorganisation daraufhin untersuchen, ob und ggf. an welchen Stellen besondere Risiken bestehen, für Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden. Zu berücksichtigen sind dabei neben der Nationalen Risikoanalyse insbesondere die in den Anlagen 1 und 2 zum GwG genannten Risikofaktoren.
Basierend auf dieser Risikoanalyse können Sie dann Art und Umfang der zu treffenden Maßnahmen bestimmen, um den abstrakt-generellen Risiken in Ihrem Kanzleialltag optimal zu begegnen.
Eine Risikoanalyse ist immer ein übergeordnetes, abstraktes, von dem individuell betreuten Mandat losgelöstes Dokument. Eine isolierte Risikobewertung von Einzelmandaten genügt den Anforderungen an eine Risikoanalyse nicht, da hierdurch das Ziel der Gesamtschau und der Stärkung des Risikobewusstseins nicht erreicht werden kann.
Die Risikoanalyse ist schriftlich zu dokumentieren, regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Die erfolgte Überprüfung der Risikoanalyse ist ebenfalls schriftlich festzuhalten.
Folgender Aufbau einer Risikoanalyse hat sich bei vielen Kolleginnen und Kollegen in der Praxis bewährt:
- Einleitung mit Darstellung der Rechtsgrundlagen, der nationalen Risikoanalyse sowie ggf. sonstiger relevanter Berichte
- Beschreibung der Kanzlei- und Mitarbeiterstruktur (Umsatz, Anzahl der Berufsträger und Mitarbeiter, Rechtsform, Niederlassungen / Standorte) einschließlich Organisations- und Schulungsmaßnahmen im Hinblick auf geldwäscherelevante Sachverhalte
- Darstellung der Mandats- und Mandantenstruktur (Privat- bzw. Unternehmensmandate, Unternehmensgröße, Anteil der Mandate aus dem Ausland, bestimmte Branchen) nebst Kategorisierung in Risikogruppen (z.B. Treuhandmandate, politisch exponierte Personen (PEP), Mandate aus Staaten ohne vergleichbare Standards zur Geldwäscheprävention bzw. mit hoher Korruptionsrate, Mandate aus bargeldintensiven Branchen, Mandate aus Branchen mit hohem Geldwäscherisiko, komplexe Unternehmensstrukturen mit einer Vielzahl wirtschaftlich Berechtigter) und Bewertung der identifizierten Risiken anhand der vom Gesetzgeber in §§ 14, 15 GwG und den Anlagen 1 und 2 zum GwG definierten Risikoklassen
- Ableitung der für erforderlich gehaltenen Grundsätze, Verfahren und Kontrollen zur Vermeidung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einschließlich der Überprüfung, ob die bereits bestehenden Systeme die identifizierten Risiken abdecken oder Optimierungen vorzunehmen oder zusätzliche Maßnahmen zu treffen sind. Dabei sollten auch Verfahren und Kontrollen abgeleitet werden, die ein sofortiges Erkennen ermöglichen, wenn ein Mandat angetragen wird, das mit einem erhöhten Risiko von der Risikoanalyse abweicht.
Auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer München haben wir eine Muster-Risikoanalyse für Sie bereitgestellt, an welcher Sie sich bei der Erstellung Ihrer eigenen Risikoanalyse orientieren können.
Der Umfang Ihrer eigenen Risikoanalyse darf sich dabei an Art und Umfang der von Ihnen betreuten Katalogmandate orientieren. Unterhalten Sie beispielsweise eine Einzelkanzlei und prüfen nur sehr vereinzelt Kaufverträge für Wohnhäuser, die keinerlei Risikofaktoren erkennen lassen, darf die Risikoanalyse weniger umfangreich ausfallen als in einer Großkanzlei, deren Haupttätigkeit im Bereich M&A liegt.
Sofern Ihre Kanzlei (oder im Fall von Syndikusrechtsanwälten Ihr Arbeitgeber) bereits über eine Risikoanalyse verfügt, dürfen Sie sich diese zu eigen machen. Dies befreit Sie jedoch nicht von der Pflicht, die Risikoanalyse zuvor gründlich zu prüfen! Die Risikoanalyse muss in jedem Fall auch Ihren eigenen Tätigkeitsbereich abdecken und die dortigen Risiken und Strukturen zutreffend wiedergeben. Ist dies nicht der Fall, müssen Sie für Ihren Tätigkeitsbereich eine ergänzende Risikoanalyse erstellen. Dies trifft häufig auf internationale Großkanzleien zu, in denen die Analyse zwar die übergeordneten Kanzleirisiken darstellt, aber keine Aussage zur nationalen Rechtslage in Deutschland, zu den relevanten Faktoren eines bestimmten Standorts und den spezifischen Mandanten der dort tätigen Kollegen enthält. Gleiches gilt für die Analysen von Syndikusarbeitgebern, die häufig keine oder keine hinreichende Auseinandersetzung mit der Tätigkeit ihrer Rechtsabteilung beinhalten.
Die Risikoanalyse muss zudem in regelmäßigen Abständen überprüft und ggf. aktualisiert werden. Auch unabhängig davon, ob sich die Mandats- oder Mandantenstruktur geändert hat, ist eine Aktualisierung immer dann erforderlich, wenn eine größere GwG-Gesetzesänderung stattgefunden hat oder eine neue Auflage der Nationalen Risikoanalyse erschienen ist. Auch der Katalog der Drittstaaten mit hohem Risikoanalyse erfährt fortlaufende Änderungen, die berücksichtigt werden müssen.
1.2 Schaffung interner Sicherungsmaßnahmen
Als Verpflichteter müssen Sie angemessene geschäfts- und kundenbezogene interne Sicherungsmaßnahmen schaffen, um die Risiken von Geldwäsche und von Terrorismusfinanzierung in Form von Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen zu steuern und zu mindern (§ 6 Abs. 1 Satz 1 GwG). Diese Pflicht besteht nicht für angestellt tätige Kolleginnen und Kollegen, da in diesem Fall die Kanzlei oder der Syndikusarbeitgeber zuständig ist.
Die Möglichkeiten, diese Pflicht zu erfüllen, sind vielfältig. Entscheidend ist jedoch, dass Ihre Mitarbeiter für die Themen und Risiken der Geldwäsche sensibilisiert und kanzleiinterne Überwachungsmechanismen vorgehalten werden. Beispielhaft nennt das Gesetz:
- Erstellung einer kanzleiinternen Richtlinie zur Umsetzung der Pflichten nach dem GwG
- Herausgabe von Organisations- und Handlungsanweisungen, Merkblättern und Checklisten an die Mitarbeiter
- Einführung von Überwachungs- und Monitoringsystemen zur Ermittlung von geldwäscherelevanten Sachverhalten und Auffälligkeiten
- Durchführung von internen Kontrollen bezüglich der Einhaltung der geldwäscherechtlichen Vorschriften
- Bestellung eines Geldwäschebeauftragten
- Überprüfung der Mitarbeiter auf ihre Zuverlässigkeit (sofern diese aufgrund ihrer Tätigkeit mit Sachverhalten in Berührung kommen, die der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung Vorschub leisten können)
- Schulung der Mitarbeiter (insbesondere im Hinblick auf aktuelle Methoden der Geldwäsche)
- Einrichtung eines kanzleiinternen Hinweisgebersystems, um Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, Verstöße gegen geldwäscherechtliche Vorschriften vertraulich zu melden
Entsprechend dem risikobasierten Ansatz des GwG müssen Sie nach eigenem Ermessen prüfen, welche Maßnahmen für die von Ihnen ermittelten Risiken am besten geeignet sind, um das Risiko, für Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden bestmöglich zu unterbinden. Ein völliger Verzicht auf Sicherungsmaßnahmen ist jedoch nicht zulässig. Sind Sie als Einzelanwalt tätig oder die weiteren Mitarbeiter Ihrer Kanzlei in keinem Fall in die Bearbeitung von Katalogtätigkeiten eingebunden, kann es jedoch ausreichend sein, wenn allein Sie selbst sich regelmäßig mit den Vorschriften des GwG auseinandersetzen.
1.3 Bestellung eines Geldwäschebeauftragten
Rechtsanwälte sind nicht pauschal verpflichtet, einen Geldwäschebeauftragten zu bestellen. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 GwG kann jedoch die zuständige Rechtsanwaltskammer als Aufsichtsbehörde die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten anordnen. Die Rechtsanwaltskammer München hat dies für den Fall angeordnet, dass in einer Berufsausübungsgesellschaft mehr als insgesamt 30 Berufsangehörige oder Angehörige sozietätsfähiger Berufe gem. § 59c Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BRAO tätig sind. Diese Notwendigkeit greift bereits dann, wenn mindestens ein Rechtsanwalt der Sozietät an einer Katalogtätigkeit mitwirkt.
Der Geldwäschebeauftragte kann ein Berufsträger oder ein nichtanwaltlicher Mitarbeiter sein. Ein Gesellschafter, ein Vorstand oder ein Geschäftsführer kann jedoch nur dann Geldwäschebeauftragter sein, wenn er nicht mit der operativen Geschäftsführung beauftragt ist.
Die Bestellung des Geldwäschebeauftragten und seines Stellvertreters oder deren Entpflichtung ist der Rechtsanwaltskammer als Aufsichtsbehörde vorab anzuzeigen (§ 7 Abs. 4 GwG).
Weitere Informationen siehe Inhaltsverzeichnis