Auf ein Wort, Herr Oberstaatsanwalt Pfattischer!

Andre Pfattischer ist seit Juli 2017 einer von drei Oberstaatsanwälten in der Generalstaatsanwaltschaft München. Gemeinsam mit seinen beiden Kollegen, Frau Oberstaatsanwältin Karin Geßl und Herrn Oberstaatsanwalt Gottfried Zeitler, widmet er sich einem breiten Verantwortungsbereich. Die bedeutende Schnittstelle zur Anwaltschaft liegt dabei insbesondere in berufsgerichtlichen Verfahren: Die Generalstaatsanwaltschaft ist Ermittlungs- und Anschuldigungsbehörde bei  beruflichen Verstößen gegen Rechtsanwälte und Steuerberater aus ihrem Bezirk. So führt sie die Ermittlungen, erhebt Anschuldigungen und vertritt diese im Verfahren beim Anwaltsgericht.

Herr Pfattischer, wie startet ein Oberstaatsanwalt in den Tag? Gibt es morgendliche Rituale? Und wie dürfen wir uns Ihren typischen Tagesablauf vorstellen?

Seit Juli beginnt mein Werktag um 5.30 Uhr. Durch meinen Dienstantritt in München haben sich die Abläufe und morgendlichen Aufgabenverteilungen geändert. Trotz der Hektik reicht die Zeit meist für ein knappes gemeinsames Frühstück und einen Überblick über die wichtigsten Nachrichten des Tages, bevor ich um 6.30 Uhr das Haus verlasse. Mit dem Auto fahre ich zum Bahnhof und von dort mit dem Zug aus dem Allgäu in die Landeshauptstadt.

Im Büro bin ich um 8.30 Uhr. Dort versuche ich mir zunächst einen Überblick über die Neueingänge zu verschaffen und diese ihrer Dringlichkeit entsprechend zu ordnen. Mein Aufgabenbereich umfasst die Bearbeitung berufsrechtlicher Ermittlungsverfahren gegen Rechtsanwälte, Steuerberater und Patentanwälte. Daneben führe ich Disziplinarverfahren und vertrete in Verfahren nach dem Transsexuellengesetz (TSG) das öffentliche Interesse. Diese Aufgaben beinhalten auch die regelmäßige Wahrnehmung von Gerichtsterminen.

Vor 19.00 Uhr komme ich nur am Freitag nach Hause. Trotzdem habe ich mich bewusst auf diese Stelle bei der Generalstaatsanwaltschaft München beworben. Mir erschien es wichtig meine bisherigen beruflichen Erfahrungen um solche bei der Mittelbehörde zu erweitern. Die mich voraussichtlich erwartenden Referatsaufgaben waren mir bekannt. Mir erschienen sie als große, reizvolle und abwechslungsreiche Herausforderung. Ich habe bislang keinen Tag bei der Generalstaatsanwaltschaft und im neuen Referat bereut.

Was hat Sie dazu bewegt, einen juristischen Weg einzuschlagen?
Gab es ursprünglich andere Pläne?

Die Regeln für ein geordnetes Funktionieren einer Gesellschaft, aber auch wirtschaftliche Themen haben mich bereits während der Schulzeit interessiert. Zu Beginn der Oberstufe hatte ich entschieden im Anschluss Jura zu studieren. Damals habe ich auch andere Fachrichtungen erwogen, insbesondere aus dem technischen oder dem wirtschaftlichen Bereich. Beides Fachrichtungen, welche mich noch heute interessieren. Auch mit einer solchen Berufswahl wäre ich heute zufrieden.

Während des Studiums war für mich der Weg in die Anwaltschaft das erklärte Ziel. Die Wahlpflichtstation am Ende des Referendariats hatte ich bei einer großen, international tätigen Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzlei in München absolviert, mich dann aber für die Justiz entschieden.

Das Thema Datenschutz beschäftigt mittlerweile viele Berufsfelder, darunter auch die Justiz. Welche beruflichen Berührungspunkte haben Sie mit dem Datenschutz?

Dem Datenschutz kommt in der Justiz eine hohe Bedeutung zu. Dies gilt für die von mir zu bearbeitenden berufsrechtlichen Verfahren bzw. Disziplinarverfahren, die nichtöffentlich geführt werden, in besonderem Maße. Der Verstoß gegen Bestimmungen des Datenschutzes kann auch der Gegenstand eines zu führenden Disziplinarverfahrens sein.

Den dienstlichen Laptop oder Akten nehme ich aus Gründen des Datenschutzes nur dann aus dem Büro mit, wenn mir dies dringend erforderlich erscheint. Sensible Daten werden dabei in der sie verarbeitenden Hard- und Software durch verschiedene Passwortabfragen mehrfach abgesichert. Während der Zugfahrt lese ich nur dann Aktenbestandteile, wenn ich dabei sicher ausschließen kann, dass Mitreisende Informationen daraus erlangen können. Im Zweifel sehe ich von einer solchen Nutzung der täglichen Reisezeit ab.

Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass wir uns mit dem Schutz fremder Daten oft mehr beschäftigen, als mit dem Schutz unserer eigenen Daten.

Der unangenehmste Job oder das gravierendste Erlebnis in Ihrer beruflichen Laufbahn war…

Der Beruf eines Richters und vermutlich noch mehr derjenige des Staatsanwalts beinhalten das erhebliche Risiko unangenehme Erfahrungen zu machen. Das sehe ich aber in anderen Berufen auch. Politiker beneide ich nicht.

Allgemein empfinde ich es als besonders unangenehm, wenn ich mich auf eine bestimme Aufgabe – z.B. aus zeitlichen Gründen – nicht so vorbereiten konnte, wie ich es für erforderlich gehalten habe.

Was mögen Sie besonders an München?

Ich bin kein „Münchner“ und meine bisherigen Ortskenntnisse sind sehr bescheiden. Vielleicht ändert sich das in den kommenden Jahren. Privat war ich schon öfter in München, dann mit der Familie, zuletzt im Deutschen Museum und im Zoo, beides für Familien lohnende Ziele.
Die unmittelbar nach Verlassen des Büros erlangte Anonymität in München empfinde ich für mich selbst als sehr angenehm.

Für die einen ist sie ein Muss, für andere mittlerweile der reinste Karneval.
Wie steht’s mit Ihnen: Sind Sie ein Wiesn-Gänger?

Auf der Wies‘n war ich – der Erinnerung nach – erst dreimal, zuletzt vor über 10 Jahren. Das erklärt sich durch die enorme Entfernung zu meinem Wohnort. Wenn ich in München leben würde, wäre ich vermutlich jedes Jahr mit Freunden oder Kollegen einmal dort. Vielleicht nehme ich das in meine Planungen für 2018 auf, trotz der damit verbundenen Umstände.

Worin finden Sie Ihren persönlichen Ausgleich zum Berufsalltag?

In meiner Freizeit versuche ich Zeit mit der Familie zu verbringen und dort nicht den Eindruck entstehen zu lassen, dass ich mich aufgrund meiner Zeiten beruflicher Abwesenheit aus dortigen Aufgaben „ausgeklinkt“ habe. Weiter erledige ich nach Möglichkeiten alle Bau- und Reparaturarbeiten am und ums Haus selbst, da ist noch so Manches zu tun.

Ein Teil meiner Freizeit wird noch durch Vorstandsarbeit in einem örtlichen Segelverein gebunden. Wenn Zeit übrig bleibt, dann fahre ich Mountainbike oder Motorrad, gehe in die nahen Berge oder mit meinem Sportboot auf’s Wasser. Und ich versuche gerade einen Einstieg ins Golfen zu finden.

Wenn Sie sich einen Ort auf der Welt aussuchen dürften – wohin würde die Reise gehen und warum?

Mit der Familie würde ich – da einem Konsens zugänglich – erneut in die USA reisen. Wieder eine selbst geplante Rundreise mit dem Pkw, weite Strecken, mehrere Wochen, jeden Tag an einem anderen Ort.

Meine eigene Traumreise wäre es mit einem Geländemotorrad durch Südamerika zu reisen, von Ecuador über Peru, Bolivien nach Chile, eventuell Argentinien. Auf Straßen, die diesen Namen nicht verdienen, so ähnlich wie bereits 2002 mit Rucksack und öffentlichen Verkehrsmitteln, ganz ohne Komfort oder Luxus. Den Kontinent „erfahren“, fotografieren, mit den Menschen über deren Leben sprechen und dabei über das eigene nachdenken.

 

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