Das neue Architektenrecht ab 01.01.2018

Gemeinsame Fachtagung mit der Rechtsanwaltskammer München „Architekten und Juristen im Dialog“ am 16.10.2017
TEXT: Fabian Blomeyer, Rechtsanwalt und Geschäftsführer Bayerische Architektenkammer

Selten dürfte ein Thema beide Teilnehmergruppen, Architekten wie Juristen, gleichermaßen interessiert haben wie das neue Architektenrecht, das am 01.01.2018 in Kraft treten wird. Dies zeigte sich auch eindrücklich an der ausgewogenen und vor allem großen Anzahl der Teilnehmer.


Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) existiert zwar schon seit mehr als 100 Jahren. Jedoch waren bislang keine Regelungen zum Bau- und Architektenvertrag enthalten, vielmehr mussten Rechtsprechung und Literatur die oftmals sehr komplexen rechtlichen Fragen in diesen Bereichen klären.


Die jahrelangen Bemühungen der Architektenschaft, zu einem speziellen Werkvertragsrecht im Bereich Planen und Bauen zu kommen, haben nun endlich Früchte getragen. Im März dieses Jahres hat der Bundestag das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung verabschiedet. Das Gesetz tritt am 01.01.2018 in Kraft und gilt für Verträge, die ab diesem Tag abgeschlossen werden. Nun werden tatsächlich erstmals spezielle Regelungen für das Bau- und Architektenrecht in das BGB eingeführt.


Darin finden sich eigene Abschnitte zum Bau-, Verbraucherbau- und zum Architektenvertrag. Das heißt: die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Erbringung von Planungsleistungen ändern sich und führen zu erheblichen Neuerungen.


Nach den Grußworten der Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, Christine Degenhart, und des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer München, Michael Then, schilderten der Architekt Prof. Clemens Richarz und Rechtsanwalt Dr. Hendrik Hunold anhand eines aktuellen Falles die bisherige Situation der (kostenfreien?) Akquise und gaben einen Ausblick auf die ab Januar 2018 möglichen Konstellationen. Ebenfalls angesprochen wurde die neue Schnittstelle zum sog. Sonderkündigungsrecht.


Daneben sieht das neue Architektenrecht einige weitere neue Begrifflichkeiten vor. Unter  anderem ist von einer „Kosteneinschätzung“ oder einer „Planungsgrundlage“ die Rede – Architekt Prof. Daniel Halswick stellte hierzu Definitionen und Anwendungsbereiche vor und erläuterte denkbare Abgrenzungsproblematiken.. Um in der Praxis möglichst Unsicherheiten zu vermeiden, rät Prof. Halswick zur präzisen Verwendung qualitativer und quantitativer Beschaffenheitsmerkmale in der Vertragsgestaltung. Um in der Praxis möglichst Unsicherheiten zu vermeiden, riet Prof. Halswick zur präzisen Verwendung qualitativer und quantitativer Beschaffenheitsmerkmale in der Vertragsgestaltung.


Das Sonderkündigungsrecht wurde von Rechtsanwalt Fabian Blomeyer, Geschäftsführer Recht und Verwaltung der Bayerischen Architektenkammer, ausführlich dargestellt. Zwingende Voraussetzung für das Bestehen eines solchen Kündigungsrechts, welches sowohl dem Bauherrn als auch dem Architekten zusteht, sei ein wirksam vereinbarter Architektenvertrag. Der Anwendungsbereich sei jedoch nur dann eröffnet, wenn wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart wurden. Im neuen Bauvertragsrecht ist zukünftig ebenfalls ein neuer Fallstrick versteckt: Die Problematik des Anordnungsrechts wurde von Architekt Hans Bock dahingehend als kritisch eingestuft, als dieses in der Projektabwicklung kaum praktikabel erscheint. Tunlichst zu unterlassen sei es, eigenmächtig vertragliche Ergänzungen vorzunehmen. Schon die geringste Abweichung von der VOB/B führe dazu, dass sie nicht mehr als Ganzes als vereinbart gilt. In der Konsequenz unterläge jede Vorschrift der VOB/B einer individuellen AGB-Kontrolle.


Die gesamtschuldnerische Haftung, die seit jeher über den Köpfen der Architekten schwebt, wird durch das neue Architektenrecht bedauerlicherweise nur marginal entschärft, wie RA Dr. Achim Neumeister herausarbeitete. Unter anderem sei das Augenmerk auf die neu geregelte fiktive Abnahme sowie das neu ins BGB aufgenommene Anordnungsrecht des Bestellers zu richten: Der Architekt könne hier teilweise aktiv Einfluss nehmen auf den Beginn der Gewährleistungspflichten, indem die jeweils erforderliche (fiktive) Abnahme bewusst frühzeitig erfolge.


Abschließend widmete sich Rechtsanwalt Helmut Aschenbrenner der Vereinbarkeit der HOAI mit dem neuen Architektenvertragsrecht. Dabei hob er insbesondere hervor, dass es sich bei der HOAI um reines Preisrecht handele und es der Rechtsprechung zukünftig voraussichtlich schwerfallen werde, die sog. Zielführungsphase honorarrechtlich einzuordnen. Hier zeige sich einmal mehr, wie entscheidend es ist, von Beginn an die Zusammenarbeit vertraglich zu regeln.


Die zahlreichen Fragen im Anschluss an die Beiträge zeigten, dass das neue Bau- und Architektenrecht und seine Anwendung in der Praxis mit Spannung erwartet werden. Das Thema wird zwischen Architekten und Juristen auch 2018 für einen regen Erfahrungsaustausch sorgen!

Bildquellen: Sabine Picklapp, Bayerische Architektenkammer