Auslegungs- und Anwendungshinweise der Rechtsanwaltskammer München zum Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG)

Beschlossen vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer München am 08.12.2017.

I. Einleitung

Mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23. Juni 2017" (BGBl. I. S. 1822) wurde die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung) in Deutschland umgesetzt. Das novellierte „Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten" (Geldwäschegesetz – GwG) ist seit dem 26. Juni 2017 in Kraft.

 

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte1 sowie Kammerrechtsbeistände2 können Verpflichtete im Sinne des Geldwäschegesetzes sein, § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG. Mit den nachstehenden Ausführungen werden Hinweise zur Pflichtenlage sowie zur Auslegung und praktischen Anwendung des neuen Rechts gegeben. Die Rechtsanwaltskammer München hat als zuständige Aufsichtsbehörde für ihren Kammerbezirk gemäß § 51 Abs. 8 Satz 1 GwG den Verpflichteten regelmäßig aktualisierte Auslegungs- und Anwendungshinweise für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten und internen Sicherungsmaßnahmen nach den gesetzlichen Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zur Verfügung zu stellen. Diese Auslegungs- und Anwendungshinweise, die in einer Arbeitsgruppe der Bundesrechtsanwaltskammer gemeinsam mit den örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammern erarbeitet wurden, beinhalten keine Zusammenfassung sämtlicher für Rechtsanwälte relevanter Regelungen des GwG. Sie dienen vielmehr dazu, bei den Rechtsanwälten ein verbessertes Bewusstsein für die Gefahren und Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu erreichen und ihnen konkrete Hinweise insbesondere zu Zweifelsfällen des (komplexen) GwG zur Verfügung zu stellen.

II. Anwendbarkeit des GwG auf Rechtsanwälte

Maßgeblicher Normadressat des GwG ist der „Verpflichtete“. Auch anderen Personen werden durch das GwG Pflichten auferlegt, jedoch richten sich die meisten Bestimmungen an die Verpflichteten. Rechtsanwälte unterliegen nicht generell diesen Pflichten des GwG, sondern nur dann, wenn sie an der Durchführung der in § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG enumerativ genannten Tätigkeiten, der so genannten "Kataloggeschäfte", mitwirken. Das Führen eines Zivilprozesses als solches oder beispielsweise die Strafverteidigung lösen also keine Pflichten nach dem GwG aus. Nur wenn sich die Rechtsberatung oder -vertretung auf ein Geschäft des Katalogs bezieht, eröffnet sich der Anwendungsbereich des GwG für den Rechtsanwalt.

Das GwG findet grundsätzlich auch auf Syndikusrechtsanwälte Anwendung, soweit sie an Kataloggeschäften im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit für ihren Arbeitgeber mitwirken. Von der Erfüllung mandantenbezogener Pflichten nach dem GwG wird jedoch im Regelfall abgesehen werden können. Denn nach wörtlichem Verständnis des § 2 Abs. 10 GwG ist Mandant des Syndikusrechtsanwalts allein der Arbeitgeber (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO), dessen Identifizierung jedoch eine reine Förmelei wäre.

1. An der Planung oder Durchführung mitwirken

Der Begriff der Mitwirkung wird weit ausgelegt; die Mitwirkung beginnt regelmäßig schon mit der auf ein Kataloggeschäft bezogenen Mandatsannahme. Die Mitwirkung muss für den Mandanten erfolgen; deshalb sieht das Gesetz auch nur Sorgfaltspflichten in Bezug auf den Mandanten, nicht auch in Bezug auf den Gegner vor. Sind bei einem Großmandat auf Seiten des Mandanten mehrere Anwaltsteams aus verschiedenen Kanzleien tätig, so wirken sie sämtlich an dem Mandat mit, d.h. die Sorgfaltspflichten trifft jede Kanzlei.

2. Kauf und Verkauf von Immobilien

Jede Mitwirkung an Immobilienkäufen und -verkäufen (z.B. Grundstückskaufverträge als Asset Deal oder Share Deal, Bauträgerverträge) löst die Sorgfaltspflichten aus. Eine Wertgrenze, unterhalb derer die Sorgfaltspflichten entfallen würden, gibt es nicht. Nicht erfasst sind Schenkungen und auf die Begründung, Änderung oder Löschung eines Rechtes an einem Grundstück gerichtete Beratungen (z.B. Grundschulden, dagegen aber Auflassungen oder Auflassungsvormerkungen), Immobilientransaktionen im Rahmen familienrechtlicher Angelegenheiten, Testamenten und Erbverträgen. Nachlassauseinandersetzungen, die Grundstücke oder Gewerbebetriebe betreffen, lösen ebenfalls keine Sorgfaltspflichten aus, da weder Kauf noch Verkauf vorliegt. Auch die rechtliche Mitwirkung am Grundstückserwerb eines Mandanten in der Zwangsversteigerung ist dem Wortlaut nach nicht erfasst, da der Eigentumswechsel durch Hoheitsakt und nicht durch Kauf und Verkauf erfolgt. Gleichwohl sollte der Rechtsanwalt auch hier die Sorgfaltspflichten einhalten, da bei einem risikoorientierten Ansatz davon auszugehen ist, dass der Immobilienerwerb in der Zwangsversteigerung zur Geldwäsche besonders geeignet ist.

3. Kauf und Verkauf von Gewerbebetrieben

Hierunter fällt der gesamte M&A-Bereich, und zwar zunächst der Kauf und Verkauf von Wirtschaftsgütern (Asset Deal). Von einem Kauf und Verkauf von Gewerbebetrieben wird man zudem bei Anteilskauf- und -übertragungsverträgen (Share Deal) sprechen müssen, wenn der Käufer durch die Transaktion die einfache Kapital- oder Stimmenmehrheit in der Zielgesellschaft erlangt.

4. Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten

Die Mitwirkung an einer Vermögensverwaltung für den Mandanten kommt in zwei Formen vor: Der Rechtsanwalt kann die Vermögensverwaltung des Mandanten rechtlich begleiten (Beratung bei der Eigenverwaltung des Mandanten) oder aber die Vermögensverwaltung als Treuhänder für den Mandanten selbst übernehmen (Fremdverwaltung). Der Begriff der Eigenverwaltung ist weit auszulegen und umfasst auch die Mitwirkung an Finanztransaktionen des Mandanten. Bei Rechtsanwälten fällt unter die Fremdverwaltung jede längerfristige Verwaltung fremder Gelder oder sonstiger Vermögenswerte auf einem Anderkonto oder in einem Anderdepot. Lediglich durchlaufende Gelder, etwa der vom Haftpflichtversicherer auf das Anderkonto überwiesene Schadensersatz, der sogleich an den Mandanten weitergeleitet wird, werden nicht "verwaltet". In Anlehnung an die Monatsfrist des § 4 Abs. 2 Satz 3 BORA ist bis zu einem Zeitraum von einem Monat zwischen Eingang des Fremdgeldes und Weiterleitung des Fremdgeldes an den Mandanten noch von einer Durchleitung auszugehen.

5. Eröffnung von oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten

Auch diese Fallgruppe erfasst grundsätzlich jede Form der Treuhänderschaft durch den Rechtsanwalt für seinen Mandanten in Bezug auf Kontoeröffnung und -Führung.

6. Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel

Hierzu zählt die Beratung bei Eigenkapital- und Fremdkapitalfinanzierungen, etwa die Mitwirkung bei der Kreditaufnahme, der Ausgabe von Anleihen oder die Mitwirkung an Kapitalerhöhungen. In den genannten Fallgestaltungen besteht auf Seiten der Gesellschaft zwar kaum Geldwäscherelevanz. Diese liegt eher auf Seiten der Kapitalgeber, die möglicherweise inkriminiertes Geld investieren. Auf diese erstrecken sich aber die allgemeinen Sorgfaltspflichten des die Gesellschaft bei der Kapitalerhöhung beratenden Rechtsanwalts gerade nicht, weil letzterer weder deren Vertragspartner ist noch in deren Verhältnisse Einblick hat. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts wird man aber auch bei der Beratung eines Mandanten bei der Kreditaufnahme bei Banken das GwG anwenden zu müssen. Jedenfalls der Umfang der Sorgfaltspflichten kann bei einem risikoorientierten Ansatz verringert werden.

7. Gründung, Betrieb oder Verwaltung von Treuhandgesellschaften, Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen

Diese Fallgruppe betrifft insbesondere die Rechtsberatung zum Entwurf eines Gesellschaftsvertrages im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft sowie die Mitwirkung an allen späteren Änderungen eines Gesellschaftsvertrages. Vorratsgesellschaften fallen ebenso hierunter wie Registeranmeldungen zur erstmaligen Eintragung der Gesellschaft sowie Umwandlungsvorgänge, die zum Entstehen eines neuen Rechtsträgers führen. Bei Umwandlungsvorgängen, die nicht zum Entstehen eines neuen Rechtsträgers führen, muss geprüft werden, ob es sich hierbei nicht wirtschaftlich um einen Vorgang handelt, der als Kauf oder Verkauf eines Gewerbebetriebes anzusehen ist. Das Tatbestandsmerkmal der Mitwirkung an Betrieb oder Verwaltung einer Gesellschaft ist sehr weitreichend und bedarf einer Einschränkung, damit nicht jedwede – auch vermögensferne – Rechtsberatung einer Gesellschaft (z.B. arbeitsrechtliche Vertretung) zur Anwendung des GwG führt. Die Mitwirkung bei Rechtshandlungen der Gesellschaft unterfällt daher nur dieser Fallgruppe wenn mit ihr eine Vermögensverschiebung einhergeht, die im Risikopotential den anderen in § 2 Nr. 10 GwG genannten Geschäften ähnlich ist.

8. Durchführung von Finanz- oder Immobilientransaktionen im Namen und auf Rechnung des Mandanten

Während bei den vorherigen dargestellten Kataloggeschäften die Mitwirkung für den Mandanten ausreicht, handelt es sich bei diesem Tatbestandsmerkmal um die eigene Durchführung von Finanz- oder Immobilientransaktionen im Namen und auf Rechnung des Mandanten. Der Rechtsanwalt begleitet also nicht bloß ein eigenes Kataloggeschäft des Mandanten in Gestalt rechtlicher Beratung oder Vertretung, sondern führt das Geschäft des Mandanten stellvertretend für ihn durch. Die Regelung ist als Auffangklausel für den Fall zu sehen, dass eine Vertretung des Mandanten nicht hinreichend durch die vorstehenden Kataloggeschäfte erfasst worden sein sollte. Erfasst werden jedenfalls alle Vertreter- oder Botendienste des Rechtsanwalts für seinen Mandanten bei Finanz- oder Immobilientransaktionen.

III. Sorgfaltspflichten in Bezug auf Mandanten

Ist der Anwendungsbereich des GwG für den Rechtsanwalt als Verpflichteter eröffnet, unterscheidet das GwG in Abhängigkeit von der Höhe des Risikos der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zwischen allgemeinen, vereinfachten und verstärkten Sorgfaltspflichten. Im Normalfall sind die allgemeinen Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Bei einem nur geringen Risiko finden nur vereinfachte Sorgfaltspflichten Anwendung. In diesem Fall kann der Umfang der Maßnahmen, die zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten zu treffen sind, angemessen reduziert werden. Liegt ein erhöhtes Risiko vor, müssen in Ergänzung zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten zusätzliche Maßnahmen (verstärkte Sorgfaltspflichten) ergriffen werden.

1. Allgemeine Sorgfaltspflichten

a) Anwendungsbereich

Die allgemeinen Sorgfaltspflichten sind die Identifizierungspflicht, auch bezogen auf einen etwaig abweichenden wirtschaftlich Berechtigten, die Abklärung des Hintergrunds und kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung sowie die Feststellung der so genannten "PEP"-Eigenschaft, ob es sich also um eine politisch exponierte Person oder eine ihr nahestehende Person handelt. Die allgemeinen Sorgfaltspflichten sind vom Rechtsanwalt in den folgenden Fällen zu erfüllen (§ 10 Abs. 3 Satz 1 GwG):

 

         

aa) Bei Begründung einer Geschäftsbeziehung

Mit Geschäftsbeziehung ist die Mandatsbeziehung gemeint, sofern sie sich auf ein Kataloggeschäft nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG bezieht. Die Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 GwG muss von gewisser Dauer sein, wobei an das Merkmal "von gewisser Dauer" keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind. Letztlich wird man bei jeder Mandatsbeziehung davon ausgehen müssen, dass sie stets von gewisser Dauer ist. Lediglich telefonische Rechtsauskünfte scheiden aus. Ein einfacher Rechtsrat als solcher ist also noch keine Geschäftsbeziehung und begründet auch dann keine Sorgfaltspflichten, wenn der Rechtsrat sich auf ein Kataloggeschäft bezieht. Zu beachten ist, dass die Überschreitung eines Schwellenwertes zur Auslösung von allgemeinen Sorgfaltspflichten nicht erforderlich ist.

Die Pflichten bestehen noch nicht in der reinen Akquise- bzw. Mandatsanbahnungsphase. Im Übrigen setzt der Begriff der Geschäftsbeziehung eine berufliche Leistung des Rechtsanwalts voraus. Vertragliche Beziehungen, die keinen unmittelbaren Bezug zur beruflichen Tätigkeit haben oder die allein dem Kanzleibetrieb dienen, sind von der Vorschrift daher von vornherein nicht erfasst.

 

         

bb) Bei Transaktionen, die außerhalb einer Geschäftsbeziehung durchgeführt werden, soweit es sich um Transaktionen i.S.d. § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a oder 2b GwG handelt

Transaktionen (also jede Vermögensverschiebung) von mehr als EUR 15.000 innerhalb einer Geschäftsbeziehung lösen also keine gesonderten Sorgfaltspflichten aus, da bereits die Begründung der Geschäftsbeziehung die Sorgfaltspflichten auslöst und damit die Transaktion von mehr als EUR 15.000 innerhalb dieser Geschäftsbeziehung erfasst ist. Deshalb werden nur Transaktionen ab EUR 15.000 außerhalb einer Geschäftsbeziehung ausdrücklich angesprochen. Für diese auf Finanzdienstleister zugeschnittene Regelung lassen sich in der Anwaltspraxis wenig Anwendungsbeispiele finden. Allerdings dürfte daraus die Verpflichtung zur Identifikation des Einzahlenden bei der Entgegennahme von Wertgegenständen im Wert von mehr als EUR 15.000 oder Geldbeträgen von mehr als EUR 15.000 von Dritten, die nicht Mandant sind, abzuleiten sein.

 

         

cc) Bei Vorliegen von Tatsachen, die darauf hindeuten, dass es sich bei Vermögensgegenständen, die mit einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand einer Geldwäsche gemäß § 261 StGB handelt oder die Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen.

Liegt ein Katalogfall vor, hat der Rechtsanwalt die allgemeinen Sorgfaltspflichten in der Regel schon wegen "Begründung einer Geschäftsbeziehung" zu erfüllen. Der Tatbestand des § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GwG hat daher für den Rechtsanwalt praktisch kaum eigene Bedeutung, da diese Sorgfaltspflicht ja nur besteht, wenn der Rechtsanwalt überhaupt in den Anwendungsbereich des GwG fällt – also nur bei Mandatsbeziehungen in Bezug auf Kataloggeschäfte. Trotz mangelnder gesetzlicher Pflicht ist gleichwohl zu empfehlen, dass der Rechtsanwalt auch dann, wenn er ein Mandat außerhalb des Katalogs bearbeitet, bei Verdacht einer Straftat nach § 261 StGB stets die allgemeinen Sorgfaltspflichten erfüllt, damit keine Lücken bei der Geldwäschebekämpfung im anwaltlichen Bereich auftreten können.

 

 

         

dd) Bei Zweifeln, ob die erhobenen Angaben zur Identität des Mandanten, einer für den Mandanten auftretenden Person oder des wirtschaftlich Berechtigten zutreffend sind.

Die allgemeinen Sorgfaltspflichten sind demnach erneut zu erfüllen, wenn Zweifel darüber vorliegen, ob die bereits erhobenen Angaben zur Identität zutreffend sind. Die allgemeinen Sorgfaltspflichten sind stets bei allen neuen Mandanten zu erfüllen. Bei bereits bestehenden Mandanten müssen sie zu geeigneter Zeit auf risikobasierter Grundlage erfüllt werden, d. h. es besteht grundsätzlich auch eine Aktualisierungspflicht. Dies gilt insbesondere, wenn sich bei einem Mandanten maßgebliche Umstände ändern (§ 10 Abs. 3 Satz 2 GwG). Im Übrigen richtet sich der Zeitabstand, nach dessen Ablauf eine Aktualisierung zu erfolgen hat, nach der Höhe des Risikos. In Fällen höheren Risikos ist demzufolge eine Aktualisierung in kürzeren Zeitabständen vorzunehmen als in Fällen geringen Risikos.

 

b) Risikobasierter Ansatz bei Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten

Gemäß dem risikobasierten Ansatz kann der konkrete Umfang der Maßnahmen zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten – mit Ausnahme der Pflicht zur Identifizierung des Mandanten und der etwaig für diesen auftretenden Person sowie eines etwaigen wirtschaftlich Berechtigten – entsprechend dem jeweiligen Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung ausgestaltet werden. Bei der Bewertung der Risiken sind neben den in den Anlagen 1 und 2 zum GwG genannten Risikofaktoren zumindest auch der Zweck der Geschäftsbeziehung, die Höhe etwaiger vom Mandanten eingezahlten Vermögenswerte oder der Umfang der ausgeführten Transaktionen sowie die Regelmäßigkeit oder die Dauer der Geschäftsbeziehung zu berücksichtigen. Ob der Umfang der von ihnen getroffenen Maßnahmen im Hinblick auf die Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung angemessen ist, muss im Zweifel vom Rechtsanwalt nachgewiesen werden (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 4 GwG).

 

c) Allgemeine Sorgfaltspflichten im Einzelnen

§ 10 Abs. 1 GwG beinhaltet fünf allgemeine Sorgfaltspflichten:

 

         

aa) Identifizierungspflicht

 

                   

(i) Identifizierung des Mandanten (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG)

Liegen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 Satz 1 GwG vor, trifft den Rechtsanwalt die Pflicht, seinen Mandanten nach Maßgabe des § 11 Abs. 4 GwG und § 12 Abs. 1 und 2 GwG zu identifizieren. Die Identifizierung ist grundsätzlich bereits vor Begründung der Geschäftsbeziehung, d. h. vor Abschluss der Mandatsvereinbarung, vorzunehmen. Sie kann jedoch im Einzelfall noch während der Mandatsbearbeitung abgeschlossen werden, wenn dies zur Vermeidung der Unterbrechung des normalen Geschäftsbetriebs erforderlich ist und nur ein geringes Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung besteht (§ 11 Abs. 1 GwG). Der Mandant ist verpflichtet, dem Rechtsanwalt die zur Identifizierung erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen (§ 11 Abs. 6 GwG).

(ii) Feststellung der Identität des Mandanten

Zur Feststellung der Identität des Mandanten sind die nach § 11 Abs. 4 GwG vorgebenden Angaben zu erheben. Die Feststellung der Identität erfolgt bei einer natürlichen Person als Mandant durch die Feststellung von Vor- und Nachname, Geburtsort, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Wohnanschrift. Bei natürlichen Personen muss die Identität anhand eines gültigen amtlichen Ausweises (Personalausweis, Reisepass) festgestellt werden. Bei juristischen Personen (z. B. AG, GmbH, Verein) und Personengesellschaften (z. B. OHG, KG) sind Firma, Name oder Bezeichnung, Rechtsform, Registernummer (falls vorhanden), Anschrift des Sitzes oder der Hauptniederlassung und die Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans oder der gesetzlichen Vertreter aufzunehmen. Unabhängig von der Rechtsform ist es entsprechend dem Anwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen zur Abgabenordnung (AEAO) bei mehr als fünf Vertretern ausreichend, dass lediglich Angaben zu fünf Vertretern erhoben werden, soweit diese in öffentliche Register eingetragen sind bzw. bei diesen eine Legitimationsprüfung stattgefunden hat (Nummer 7k AEAO zu § 154 AO). Bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts sind die Namen der Gesellschafter aufzunehmen. Umfasst die GbR mehr als fünf Gesellschafter, reicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens der Ziff. 7k AEAO zu § 154 AO die Feststellung des Namens von fünf Gesellschaftern aus.

(iii) Überprüfung der Identität des Mandanten

Die Angaben, die zur Feststellung der Identität des Mandanten erhoben wurden, sind gemäß § 11 Abs. 1 und 2 GwG auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (Verifikation).

Bei natürlichen Personen erfolgt dies durch Vorlage eines gültigen amtlichen Ausweises, der ein Lichtbild des Inhabers enthält und mit dem die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird (insbesondere Reisepass, Personalausweis, Pass- oder Ausweisersatz). Die alternativ möglichen elektronischen Nachweise (vgl. § 12 Abs. 1 GwG) dürften in der Anwaltspraxis keine große Bedeutung haben. Der Rechtsanwalt darf und muss die betreffenden Ausweise kopieren und aufzeichnen bzw. einscannen. § 8 Abs. 2 S. 2 GwG geht als lex specialis insoweit entgegenstehenden Normen (Personalausweisgesetz, Datenschutz) vor.

Juristische Personen oder Personengesellschaften sind durch einen amtlichen Registerauszug oder – falls es bei ausländischen Gesellschaften kein öffentliches Register gibt – durch ein anderes beweiskräftiges Dokument (zum Beispiel Gründungsurkunde oder Bestätigung durch einen lokalen Anwalt oder Notar) zu identifizieren. Bei US-amerikanischen Mandanten wird als Alternative zu Gründungsdokumenten auch ein "Certificate of Good Standing" über das Unternehmen ausreichend sein. Bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts ist die Überprüfung des Namens der Gesellschafter anhand des Gesellschaftsvertrags nebst Gesellschafterlisten vorzunehmen. Werden Gesellschaftsvertrag und Gesellschafterliste nicht vorgelegt, sind die einzelnen Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als natürliche Personen zu identifizieren.

  

         

bb) Identifizierung der für den Mandanten auftretenden Person (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG)

Soweit der Mandant nicht selbst erscheint, sondern für diesen eine andere Person auftritt (z.B. als Bote), muss auch die für den Mandanten auftretende Person identifiziert werden und die zur Identitätsfeststellung erhobenen Angaben verifiziert werden. Zudem ist zu prüfen, ob die Person tatsächlich dazu berechtigt ist, für den Mandanten aufzutreten. Von diesen Pflichten nicht erfasst werden die gesetzlichen Vertreter oder Verfügungsberechtigten einer juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft, da diese schon nach § 11 Abs. 4 Nr. 2 GwG zu identifizieren sind und sich deren Berechtigung zum Auftreten aus ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung ergibt.

cc) Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG)

Da die Ratio der Geldwäscheprävention u.a. darin liegt, herauszufinden, welche wirtschaftlichen Interessen hinter einem Geschäftsvorgang stehen, und Strohmanngeschäften entgegenzuwirken, ist der Rechtsanwalt neben der Identifizierung des Mandanten auch verpflichtet, abzuklären, ob der Mandant für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt und, soweit dies der Fall ist, den wirtschaftlich Berechtigten nach Maßgabe des § 11 Abs. 5 GwG zu identifizieren.

Soweit der Mandant keine natürliche Person ist, schließt die Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten die Pflicht mit ein, die Eigentums- und Kontrollstruktur des Mandanten mit angemessenen Mitteln in Erfahrung zu bringen. Dies kann durch schriftliche Aufzeichnungen oder auch schematisch in Form eines Konzerndiagramms erfolgen, falls dieses die Eigentums- und Kontrollstruktur vollständig abbildet. Die Informationen sind zunächst durch Befragung des Mandanten über Eigentums- und Kontrollstrukturen zu ermitteln. Grundsätzlich können die Angaben des Mandanten übernommen und dann durch zusätzliche risikoangemessene Überprüfungsmaßnahmen (z.B. anhand von Registern oder Wirtschaftsdatenbanken) plausibilisiert werden.

Mit diesen Vorgaben korrespondiert § 11 Abs. 6 Satz 3 GwG, der dem Mandanten die Pflicht auferlegt, offenzulegen, ob er die Geschäftsbeziehung für einen wirtschaftlich Berechtigten begründen, fortsetzen oder durchführen will. Zugleich besteht für den Rechtsanwalt nach § 43 Abs. 1 Nr. 3 GwG eine Meldepflicht gegenüber der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU), wenn Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass der Mandant die Offenlegungspflicht gemäß § 11 Abs. 6 Satz 3 GwG nicht erfüllt hat. Darüber hinaus ist der Mandant verpflichtet, mit der Offenlegung dem Rechtsanwalt auch die Identität des wirtschaftlich Berechtigten nachzuweisen (§ 11 Abs. 6 Satz 4 GwG). Auf die genannten Pflichten sollte frühzeitig hingewiesen und in diesem Zusammenhang thematisiert werden, ob der Mandant als Treuhänder oder anderweitig für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt.

Sofern trotz sorgfältiger Prüfung kein wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden kann oder Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlung bestehen, gilt als wirtschaftlich Berechtigter der gesetzliche Vertreter, geschäftsführende Gesellschafter oder Partner des Mandanten (§ 3 Abs. 2 S. 5 GwG). Bei börsennotierten Gesellschaften, die einem Markt i.S.v. § 2 Abs. 5 WpHG notiert sind, muss der wirtschaftlich Berechtigte nicht ermittelt werden, sofern dem EU-Recht entsprechende Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertige internationale Standards gelten.

 

                   

(i) Definition des wirtschaftlich Berechtigten

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GwG ist wirtschaftlich Berechtigter die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht, oder die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird. Zur Feststellung der Identität hat der Rechtsanwalt gemäß § 11 Abs. 5 Satz 1 GwG zumindest den Namen (d. h. den Nachnamen und mindestens einen Vornamen) des wirtschaftlich Berechtigten zu erheben. Ferner dürfen dessen Anschrift, Geburtsdatum und Geburtsort erhoben werden; verpflichtend ist die Erhebung dieser und ggf. weiterer Identifizierungsmerkmale dagegen nur, soweit dies in Ansehung des im Einzelfall bestehenden Risikos der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung angemessen ist.

(ii) Überprüfung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten

Gemäß § 11 Abs. 5 Satz 2 GwG hat sich der Rechtsanwalt durch risikoangemessene Maßnahmen zu vergewissern, dass die zur Feststellung der Identität erhobenen Angaben zutreffend sind. Wie sich aus § 14 Abs. 2 Satz 1 GwG ergibt, muss in jedem Fall, d. h. auch in Fällen eines geringen Risikos die Identität des wirtschaftlich Berechtigten überprüft werden. Nur Art und Umfang der Maßnahmen zur Überprüfung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten können risikoangemessen ausgestaltet werden. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Maßnahmen ist neben dem individuellen Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungsrisiko der Geschäftsbeziehung oder Transaktion auch zu berücksichtigen, welche Erkenntnismöglichkeiten den Verpflichteten zur Klärung des Sachverhalts zur Verfügung stehen.

Weder das Geldwäschegesetz noch die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie enthalten diesbezüglich verbindliche Vorgaben, auch nicht zur Quelle der einzuholenden Informationen. Es ist daher grundsätzlich Sache des Rechtsanwalts, ob er für die Überprüfung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten öffentliche Register wie insbesondere das Transparenzregister (siehe unten) nutzt, auf Auskünfte und Daten Dritter zurückgreift (z. B. Befragung des Mandanten bzw. Bitte um Vorlage zweckdienlicher Daten) oder sich die Informationen auf andere Art und Weise beschafft.

(iii) Überprüfung anhand des Transparenzregisters

Durch das neu geschaffene elektronische Transparenzregister, das von der Bundesanzeiger Verlag GmbH geführt wird, sind inländische juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften nunmehr gemäß § 20 Abs. 1, 2 GwG verpflichtet, die wirtschaftlich Berechtigten mitzuteilen, sofern sich diese nicht schon aus anderen öffentlichen Registern wie dem Handelsregister ergeben und die betreffenden Daten bzw. Dokumente dort elektronisch abrufbar sind. Wenngleich sich Verpflichtete gemäß § 11 Abs. 5 S. 2 GwG mangels öffentlichen Glaubens dieses Registers nicht allein auf die Angaben im Transparenzregister verlassen dürfen, ist die für die Verpflichteten nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 GwG zulässige – indes gebührenpflichtige – Einsichtnahme im Rahmen der Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten in jedem Fall geboten. Wenn danach Zweifel bestehen, insbesondere wenn die Registerdaten eigenen Erkenntnissen (z. B. aufgrund einer Befragung des Mandanten) widersprechen oder aus anderen Gründen zweifelhaft oder widersprüchlich erscheinen, sind die dort mitgeteilten Angaben risikoangemessen zu plausibilisieren, etwa durch Einsichtnahme in Wirtschaftsdatenbanken oder Prüfung von vom Mandanten vorgelegten Unterlagen.

 

         

dd) Absehen von der Identifizierung

Von einer Identifizierung kann nach § 11 Abs. 3 GwG abgesehen werden, wenn der Rechtsanwalt die zu identifizierende Person bereits bei früherer Gelegenheit im Rahmen der Erfüllung seiner Sorgfaltspflichten identifiziert und die dabei erhobenen Angaben aufgezeichnet hat, es sei denn, aufgrund der äußeren Umstände bestehen Zweifel, dass die bei der früheren Identifizierung erhobenen Angaben weiterhin zutreffend sind. Bestehen keine Zweifel, dass die Angaben noch zutreffend sind, wird eine wiederholte Identifizierung erst nach einem Zeitablauf von mehreren Jahren notwendig sein. Die Pflicht zur Identifizierung entfällt hingegen nicht schon dann, wenn dem Rechtsanwalt der zu Identifizierende persönlich bekannt ist.

d) Abklärung des Hintergrunds der Geschäftsbeziehung (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 GwG)

Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung einzuholen und zu bewerten, damit er eventuelle Risiken des Geschäfts in Bezug auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung besser einschätzen kann. Die Pflicht soll die geldwäscherechtlich Verpflichteten besser in die Lage versetzen, ein Risikoprofil über ihre jeweiligen Vertragspartner zu entwickeln. Diese Pflicht dürfte in der anwaltlichen Praxis kaum Relevanz haben, da sich Zweck und Art der Geschäftsbeziehung regelmäßig aus dem Auftrag selbst ergeben dürften. Bei einem "blinden Mandat" hat die Informationspflicht dagegen praktische Relevanz, etwa wenn der Rechtsanwalt einzelne Beratungsaufträge bekommt, aber nicht erkennen kann, wofür der Mandant die einzelnen Beratungsergebnisse nutzen möchte.

 

e) Abklärung der PEP-Eigenschaft (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG)

Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, durch angemessene risikoorientierte Verfahren festzustellen, ob es sich bei dem Mandanten oder – soweit vorhanden – dem wirtschaftlich Berechtigten um eine politisch exponierte Person („PEP“), ein Familienmitglied dieser Person oder eine ihr bekanntermaßen nahestehende Person im Sinne des § 1 Abs. 12 bis 14 GwG handelt (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG). Im Regelfall ist es ausreichend, wenn der Mandant bezüglich seiner PEP-Eigenschaft befragt wird (Selbstauskunft) und der Rechtsanwalt die Auskunft des Mandanten anhand öffentlicher Informationen (z. B. Internetrecherche) auf Richtigkeit oder zumindest Plausibilität überprüft. Nur bei Zweifeln sollte dies aber z.B. durch Abfrage einer der im Markt bestehenden kommerziellen Datenbanken verifiziert werden.

 

f) Kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG)

Schließlich trifft den Rechtsanwalt auch die Pflicht zur kontinuierlichen Überwachung der Geschäftsbeziehung, einschließlich der im Verlauf der Geschäftsbeziehung durchgeführten Transaktionen, wobei die Pflichterfüllung gemäß § 10 Abs. 2 GwG auch hier auf risikoorientierter Grundlage, also in Relation zu dem konkret bestehenden Risiko einer Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu erfolgen hat. Für die anwaltliche Praxis dürfte diese Pflicht kaum relevant werden und allenfalls Bedeutung erlangen, wenn es sich um ein Dauermandat handelt.

 

g) Rechtsfolgen der Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflichten

Nach § 10 Abs. 9 Satz 1 GwG darf in dem Fall, dass der Verpflichtete die allgemeinen Sorgfaltspflichten nicht erfüllen kann, die Geschäftsbeziehung nicht begründet oder fortgesetzt und die Transaktion nicht durchgeführt werden. Soweit eine Geschäftsbeziehung bereits besteht, muss diese durch Kündigung oder auf andere Weise beendet werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Mandant eine Rechtsberatung oder Prozessvertretung erstrebt, es sei denn, der Rechtsanwalt hat positive Kenntnis, dass der Mandant die Rechtsberatung bewusst für den Zweck der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung in Anspruch nimmt (§ 10 Abs. 9 Satz 3 GwG). Rechtsanwälte können also z.B. ein Beratungsmandat grundsätzlich auch dann annehmen, wenn etwa der Käufer oder Verkäufer einer Immobilie noch nicht identifiziert oder der wirtschaftlich Berechtigte noch nicht abgeklärt werden kann. Diese Ausnahme berücksichtigt, dass Rechtsberatung und Prozessvertretung häufig eilbedürftig sind, also nicht von der vorherigen Erfüllung von Sorgfaltspflichten abhängig gemacht werden können. Die Sorgfaltspflichten müssen dann nachgeholt werden.

 

h) Ausführung der Sorgfaltspflichten durch Dritte, vertragliche Auslagerung

Nach § 17 Abs. 1 GwG kann ein Verpflichteter zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten auf Dritte zurückgreifen. Solche Dritte können insbesondere andere inländische Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 GwG und Verpflichtete in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie unter bestimmten Voraussetzungen in einem Drittstaat ansässige Institute und Personen, soweit sie entsprechenden Sorgfalts- und Aufbewahrungspflichten und einer gleichwertigen Aufsicht unterliegen. Die Verantwortung für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten verbleibt jedoch auch in diesem Fall beim Verpflichteten.

Der Rechtsanwalt kann also etwa seine Pflicht zur Identifizierung auf einen anderen Rechtsanwalt übertragen. Voraussetzung ist nur, dass dieser andere Rechtsanwalt in seinem Heimatstaat ähnlichen Sorgfaltspflichten unterliegt wie in der Europäischen Union. Berät beispielsweise ein Rechtsanwalt einen Mandanten aus den USA beim Kauf eines Grundstücks in Deutschland, so kann der deutsche Rechtsanwalt die Identifizierung durch einen amerikanischen Rechtsanwalt vornehmen lassen. Der deutsche Rechtsanwalt muss den amerikanischen Rechtsanwalt nicht überprüfen oder überwachen, sondern kann sich auf die Zuverlässigkeit des dritten Rechtsanwalts verlassen, sofern dieser in seinem Heimatstaat ähnlichen Berufsaufsichtsregelungen unterliegt wie in der Europäischen Union (vgl. § 17 Abs. 4 GwG).

2. Vereinfachte Sorgfaltspflichten

Rechtsanwälte können entsprechend dem risikobasierten Ansatz vereinfachte Sorgfaltspflichten anwenden, soweit sie bei ihrer Risikoanalyse oder im Einzelfall unter Berücksichtigung der in den Anlagen 1 und 2 zum GwG genannten Risikofaktoren feststellen, dass in bestimmten Bereichen, insbesondere im Hinblick auf die Mandantenstruktur und die Art der angebotenen Dienstleistungen, nur ein geringes Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung besteht. Vor der Anwendung vereinfachter Sorgfaltspflichten muss sich der Rechtsanwalt vergewissern, dass die Geschäftsbeziehung oder Transaktion tatsächlich mit einem geringen Risiko verbunden ist (§ 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GwG). Die Anwendung vereinfachter Sorgfaltspflichten ist im Gegensatz zur früheren Rechtslage nicht mehr auf bestimmte Fallgruppen (wie zum Beispiel regulierte Unternehmen oder Börsennotierung der Mandanten) beschränkt, sondern ist risikobasiert anhand einer Gesamtschau der Kriterien in Anlage 1 und 2 zum GwG zulässig. Diese Einschätzung ist bei der Mandatsanlage zu dokumentieren. Liegt ein geringes Risiko vor, können der Umfang der Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten angemessen reduziert und bei der Identifizierung des Mandanten auch andere Dokumente, Daten oder Informationen als Registerauszüge oder Ausweispapiere herangezogen werden. Bei in der EU börsennotierten Unternehmen wird etwa die Feststellung der internationalen Wertpapierkennnummer (ISIN), bei Mandanten der öffentlichen Hand mangels eines amtlichen Behördenregisters eine sorgfältige Internetrecherche ausreichend sein.

Auf die Identifizierung als solche und auf die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten kann allerdings im Gegensatz zur früheren Rechtslage auch bei einem geringen Risiko nicht verzichtet werden (vgl. § 14 Abs. 2 GwG).

3. Verstärkte Sorgfaltspflichten

Entsprechend dem risikobasierten Ansatz haben Rechtsanwälte – zusätzlich zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten – verstärkte risikoangemessene Maßnahmen zu ergreifen, wenn sie im Rahmen der Risikoanalyse oder im Einzelfall unter Berücksichtigung der in den Anlagen 1 und 2 zum GwG genannten Risikofaktoren feststellen, dass ein höheres Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bestehen kann (§ 15 Abs. 1 und 2 GwG). Auch hier muss der Rechtsanwalt auf Verlangen der Aufsicht darlegen können, dass der Umfang der getroffenen Maßnahmen risikoangemessen ist.

Zusätzlich wurde den Aufsichtsbehörden eine Anordnungsbefugnis im Hinblick auf Hochrisikofälle eingeräumt. Die Aufsichtsbehörde kann nach § 15 Abs. 8 GwG, wenn Tatsachen oder Bewertungen nationaler oder internationaler für die Verhinderung oder Bekämpfung der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zuständiger Stellen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass über die in § 15 Abs. 3 GwG genannten Fälle hinaus ein erhöhtes Risiko besteht, im Wege einer Allgemeinverfügung anordnen, dass Rechtsanwalt eine Geschäftsbeziehung oder Transaktion einer verstärkten Überwachung zu unterziehen und zusätzliche, dem Risiko angemessene Sorgfaltspflichten zu erfüllen haben.

IV. Risikomanagement

Der risikobasierte Ansatz als leitendes Prinzip des GwG erlaubt es den Verpflichteten, nicht in jedem Fall den gleichen, starren Pflichtenkatalog abarbeiten zu müssen, sondern die aus den gesetzlichen Anforderungen abzuleitenden Maßnahmen an dem konkreten Risiko auszurichten. Ein Beurteilungsspielraum besteht jedoch nur hinsichtlich des konkreten Umfangs der zu treffenden Maßnahmen, nicht aber bezüglich der Frage, ob überhaupt Maßnahmen zu ergreifen sind. Der risikobasierte Ansatz erfordert die Implementierung eines kanzleiinternen Risikomanagementsystems, um das individuelle Risiko identifizieren und bewerten zu können. Dementsprechend muss jeder Verpflichtete über ein wirksames Risikomanagement zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verfügen. Entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann das Risikomanagementsystem unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Geschäftstätigkeit angemessen ausgestaltet werden (§ 4 Abs. 1 GwG). Das Risikomanagement muss nach § 4 Abs. 2 GwG eine Risikoanalyse und – nach Maßgabe bestehender Anordnungen – interne Sicherungsmaßnahmen umfassen.

1. Risikoanalyse

a) Gesetzliche Anforderungen

Alle Verpflichteten haben eine Risikoanalyse zu erstellen, bei der sie die Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ermitteln und bewerten, die für die von ihnen ausgeübten Tätigkeiten bestehen (§ 5 Abs. 1 GwG). Ziel der Risikoanalyse ist es, die kanzleispezifischen Risiken in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung umfassend und vollständig zu erfassen, zu identifizieren, zu kategorisieren und zu gewichten sowie darauf aufbauend geeignete Geldwäsche-Präventionsmaßnahmen, insbesondere interne Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Diese müssen sich aus der Risikoanalyse ableiten lassen und dieser entsprechen. Die Anlagen 1 und 2 zum GwG enthalten dabei eine nicht abschließende Aufzählung von Faktoren und möglichen Anzeichen für ein potenziell geringeres oder höheres Risiko. Bei der Erstellung der Risikoanalyse sind insbesondere diese Risikofaktoren sowie die Informationen zu berücksichtigen, die auf Grundlage der nationalen Risikoanalyse den Verpflichteten von der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zur Verfügung gestellt werden. Die Risikoanalyse ist in angemessenem Umfang zu erstellen, der sich insbesondere nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit der Kanzlei richtet. Sie muss grundsätzlich dokumentiert, d. h. schriftlich oder elektronisch aufgezeichnet, regelmäßig, zumindest einmal im Jahr, überprüft und – soweit erforderlich – aktualisiert werden und ist der Rechtsanwaltskammer auf Verlangen in der jeweils aktuellen Fassung zur Verfügung zu stellen (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 und 3 GwG). Auf Antrag kann die Rechtsanwaltskammer von der Verpflichtung zur Dokumentation der Risikoanalyse eine Befreiung erteilen, wenn der Rechtsanwalt darlegen kann, dass die konkreten Geldwäscherisiken, die im Rahmen seiner Tätigkeit bestehen, klar erkennbar sind und er sie versteht.

 

b) Empfehlungen für die Erstellung einer Risikoanalyse

Folgende Gliederung für die Risikoanalyse bei Rechtsanwälten ist empfehlenswert:

  • Einleitung mit Darstellung der Rechtsgrundlagen, der nationalen Risikoanalyse sowie ggf. sonstigen relevanten Berichten (z.B. Typologiepapiere),
  • Beschreibung der Kanzlei- und Mitarbeiterstruktur (Umsatz, Anzahl der Berufsträger und Mitarbeiter, Rechtsform, Niederlassungen/Standorte) einschließlich Organisations- und Schulungsmaßnahmen im Hinblick auf geldwäscherelevante Sachverhalte,
  • Darstellung der Mandats- und Mandantenstruktur (Privat- bzw. Unternehmensmandanten, Unternehmensgröße, Anteil der Mandanten aus dem Ausland, bestimmte Branchen), nebst Kategorisierung in Risikogruppen (z.B. Treuhandmandate, politisch exponierte Personen, Mandanten aus Staaten ohne vergleichbare Standards zur Geldwäscheprävention bzw. mit hoher Korruptionsrate, Mandanten aus bargeldintensiven Branchen, Mandanten aus Branchen mit hohem Geldwäscherisiko, komplexe Unternehmensstrukturen mit einer Vielzahl wirtschaftlich Berechtigter), und ggf. zusätzliche Bewertung der identifizierten Risiken,
  • Ableitung der für erforderlich gehaltenen Grundsätze, Verfahren und Kontrollen zur Vermeidung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einschließlich der Überprüfung, ob die bereits bestehenden Systeme die identifizierten Risiken abdecken oder Optimierungen vorzunehmen oder zusätzliche Maßnahmen zu treffen sind. Dabei sollten auch Verfahren und Kontrollen abgeleitet werden, die ein sofortiges Erkennen ermöglichen, wenn ein Mandat angetragen wird, das mit einem erhöhten Risiko von der Risikoanalyse abweicht.

2. Interne Sicherungsmaßnahmen

a) Grundsatz

Grundsätzlich besteht auch für Rechtsanwälte die Pflicht, angemessene geschäfts- und kundenbezogene interne Sicherungsmaßnahmen zur Steuerung und Minderung der Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Form von Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen zu schaffen, ihre Funktionsfähigkeit zu überwachen und bei Bedarf – insbesondere wenn die Risikoanalyse dies erfordert – zu aktualisieren (§ 6 Abs. 1 GwG). Falls die Rechtsanwälte ihre berufliche Tätigkeit als Angestellte eines Rechtsanwalts bzw. einer Sozietät oder anderen Berufsgesellschaft ausüben, obliegt die Verpflichtung zu den internen Sicherungsmaßnahmen gemäß § 6 Abs. 3 GwG dem Unternehmen; dies bedeutet, dass bei einer angestellten beruflichen Tätigkeit innerhalb einer Berufsgesellschaft die Pflichten zu den internen Sicherungsmaßnahmen die anstellende Berufsgesellschaft trifft.

Die Rechtsanwaltskammer ist gemäß § 6 Abs. 9 GwG ermächtigt, anzuordnen, dass auf einzelne Verpflichtete oder Gruppen von Verpflichteten wegen der Art der von diesen betriebenen Geschäfte und wegen der Größe des Geschäftsbetriebs unter Berücksichtigung der Risiken in Bezug auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung die Vorschriften der Absätze 1 bis 6 risikoangemessen anzuwenden sind.

Zu beachten ist, dass nur „Verpflichtete“ interne Sicherungsmaßnahmen ergreifen müssen, also nur bzw. erst dann, wenn sie für ihre Mandanten an der Planung oder Durchführung von Kataloggeschäften i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG mitwirken. Bei beispielsweise rein verwaltungs- oder arbeitsrechtlich ausgerichtete Kanzleien besteht daher von vornherein keine Pflicht zu internen Sicherungsmaßnahmen, soweit sie nicht an Kataloggeschäften mitwirken bzw. im Namen und auf Rechnung des Mandanten Finanz- oder Immobilientransaktionen durchführen.

 

b) Fallgruppen interner Sicherungsmaßnahmen

Nach § 6 Abs. 2 GwG sind die folgenden internen Sicherungsmaßnahmen zu treffen:

 

         

aa) Ausarbeitung von internen Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen

Hier kommen folgende Maßnahmen in Betracht, deren konkreter Umfang und konkrete Ausgestaltung vom Ergebnis der vorgenommenen Risikobewertung abhängig ist:

  • Erstellung einer kanzleiinternen Richtlinie zur Umsetzung der Pflichten nach dem GwG,
  • Herausgabe von Organisations- und Handlungsanweisungen, Merkblättern und Checklisten an die Mitarbeiter (z. B. zum Umgang mit Verdachtsfällen),
  • Einführung von (ggf. IT-gestützten) Überwachungs- und Monitoring-Systemen zur Ermittlung von geldwäscherelevanten Sachverhalten und Auffälligkeiten,
  • Durchführung von internen Kontrollen bezüglich der Einhaltung der geldwäscherechtlichen Vorschriften.

 

bb) Bestellung eines Geldwäschebeauftragten

Rechtsanwälte sind grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Geldwäschebeauftragten zu bestellen, da § 7 Abs. 1 GwG auf Rechtsanwälte keine Anwendung findet. Allerdings kann die Rechtsanwaltskammer als zuständige Aufsichtsbehörde die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten anordnen, wenn sie dies für angemessen erachtet (§ 7 Abs. 3 Satz 1 GwG). Die Rechtsanwaltskammer München hat aufgrund dieser Befugnis eine Anordnung zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten erlassen. Nach dieser Anordnung haben Rechtsanwälte einen Geldwäschebeauftragten sowie einen Stellvertreter zu bestellen, wenn in der eigenen Praxis mehr als insgesamt 30 Berufsangehörige oder Angehörige sozietätsfähiger Berufe gemäß tätig sind.

Bei größeren Einheiten besteht aufgrund des erhöhten Risikos von Informationsverlusten und -defiziten aufgrund einer arbeitsteiligen und zergliederten Struktur und der Anonymisierung innerbetrieblicher Prozesse ein besonderes Bedürfnis für die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten, der als Ansprechpartner für die Mitarbeiter sowie für die zuständigen Behörden zur Verfügung steht. Der Geldwäschebeauftragte kann selbst Berufsträger oder ein nicht-anwaltlicher Mitarbeiter sein. Ein Gesellschafter (bei einer BGB- oder Partnerschaftsgesellschaft) oder Vorstand bzw. Geschäftsführer (bei einer Rechtsanwalts-GmbH bzw. -AG) kann nicht Geldwäschebeauftragter sein, da letzterer der Leitungsebene nachgeordnet ist und an diese berichten muss (vgl. § 7 Abs. 1 S. 3, Abs. 5 S. 5 GwG) und man Gesellschafter bzw. Geschäftsleiter als "Leitungsebene" einer anwaltlichen Gesellschaft wird ansehen müssen.

 

cc) Schaffung und Fortentwicklung geeigneter Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs von neuen Produkten und Technologien.

Diese Pflicht wird wenig praktische Relevanz für Rechtsanwälte haben; es ist aber bspw. sicherzustellen, dass neue Technologien, die eine Anonymisierung des Mandanten begründen bzw. begünstigen, im Rahmen der Mandantenbeziehung nicht genutzt werden.

 

dd) Überprüfung der Mitarbeiter auf ihre Zuverlässigkeit

Durch die Zuverlässigkeitsprüfung soll sichergestellt werden, dass die Beschäftigten nach ihrer Persönlichkeit die Gewähr dafür bieten, dass sie die geldwäscherechtlichen Vorschriften und die unternehmensinternen Grundsätze beachten, die der Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung dienen. Im Allgemeinen wird es ausreichen, die Zuverlässigkeit der betroffenen Mitarbeiter im Rahmen der Einstellung, etwa durch Einholung eines einfachen polizeilichen Führungszeugnisses, zu überprüfen und diese auf risikoorientierter Grundlage in die laufende Personalbeurteilung einzubeziehen. Bei einem geringen Risiko kann es unter Umständen auch genügen, im Rahmen eines persönlichen Gesprächs eine Einschätzung bezüglich der Zuverlässigkeit des Mitarbeiters zu gewinnen. Bei der Einstellung von Rechtsanwälten kann auf die Vorlage eines Führungszeugnisses verzichtet werden, da die Rechtsanwaltskammer im Rahmen der Zulassung einen Auszug aus dem Bundeszentralregister einholt und relevante Straftaten den Entzug der Zulassung zur Folge haben.

 

ee) Erstmalige und laufende Unterrichtung der Mitarbeiter in Bezug auf Typologien und aktuelle Methoden der Geldwäsche

Eine Schulungspflicht ist lediglich gegenüber denjenigen Mitarbeitern der beruflichen Einheit anzunehmen, die regelmäßigen Mandantenkontakt haben und in potenziell geldwäscherelevanten Geschäftsbereichen tätig sind (z. B. Rechtsanwälte, Sachbearbeiter, Buchhaltung). Von Schulungen für Sekretariate/Assistenzen kann abgesehen werden, soweit sie nicht in geldwäscherelevante Vorgänge einbezogen sind. In welchem zeitlichen und inhaltlichen Umfang die erfassten Beschäftigten zu schulen sind, hängt von ihrer Tätigkeit in der beruflichen Einheit und vom Risikoprofil der Kanzlei ab. In der Wahl der Form der durchzuführenden Schulungsmaßnahmen ist der Verpflichtete frei. So kann die Unterrichtungspflicht z. B. auch durch die Übergabe von geeigneten schriftlichen Schulungsunterlagen und Merkblättern sowie durch das Absolvieren geeigneter E-Learning-Programme erfüllt werden.

 

ff) Überprüfung der kanzleiinternen Grundsätze und Verfahren durch eine unabhängige Prüfung

Entsprechend dem risikobasierten Ansatz besteht diese Prüfungspflicht jedoch nur, soweit sie angesichts der Art und des Umfangs der Geschäftstätigkeit angemessen ist. Sie kann durch eine Innenrevision, aber auch durch sonstige interne oder externe Prüfungen erfolgen. Über die Prüfung ist ein schriftlicher Bericht anzufertigen, der zumindest eine Darstellung des Prüfungsgegenstandes und der Prüfungsfeststellungen einschließlich der empfohlenen Maßnahmen zur Behebung etwaiger Mängel enthalten sollte.

 

gg) Einrichtung eines kanzleiinternen Hinweisgebersystems

Nach § 6 Abs. 5 GwG müssen Mitarbeiter die Möglichkeit haben, unter Wahrung der Vertraulichkeit ihrer Identität, tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen geldwäscherechtliche Vorschriften an eine kanzleiinterne Person zu melden. "Wahrung der Vertraulichkeit" bedeutet nicht Anonymität. Die empfangende Person kann auch der Geldwäschebeauftragte oder sein Stellvertreter sein, aber beispielsweise auch das für die Risikoanalyse verantwortliche "Mitglied der Führungsebene", etwa Gesellschafter, die Büroleitung (Office Management) oder Controlling. Es bleibt den Verpflichteten selbst überlassen, wie die Vertraulichkeit der betroffenen Mitarbeiter sichergestellt wird.

 

hh) Auskunft zur Identität der Mandanten und zur Art der Geschäftsbeziehung

Nach § 6 Abs. 6 Satz 1 GwG sind Vorkehrungen zu treffen, um auf Anfrage der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen oder der Rechtsanwaltskammer als Aufsichtsbehörde Auskunft darüber zu geben, ob die Kanzlei in den letzten fünf Jahren mit einer bestimmten Person eine Mandatsbeziehung unterhalten hat und welcher Art diese Mandatsbeziehung war. Diese Auskunft darf aufgrund der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht allerdings in der Regel verweigert werden, sofern der Rechtsanwalt nicht positiv weiß, dass der betreffende Mandant das Mandatsverhältnis für Zwecke der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung genutzt hat oder nutzt (§ 6 Abs. 6 Satz 4 GwG).

 

c) Durchführung interner Sicherungsmaßnahmen durch Dritte

Die internen Sicherungsmaßnahmen dürfen nach vorheriger Anzeige an die Rechtsanwaltskammer gemäß § 6 Abs. 7 GwG auch auf einen externen Dienstleister ausgelagert werden. Auch in diesem Fall verbleibt die Verantwortung für die Erfüllung der internen Sicherungsmaßnahmen jedoch beim Rechtsanwalt (§ 6 Abs. 7 Satz 4 GwG).

V. Verdachtsmeldungen

1. Meldepflicht und Ausnahme

Rechtsanwälte sind grundsätzlich zur Erstattung einer Verdachtsmeldung verpflichtet, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung oder einer Transkation im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB darstellen könnte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG), oder ein Geschäftsvorfall, eine Transaktion oder ein Vermögensgegenstand im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung steht (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 GwG) oder – wie bereits erwähnt – der Mandant seine Pflicht gegenüber dem Rechtsanwalt offenzulegen, ob er die Mandatsbeziehung oder die Transaktion für einen wirtschaftlich Berechtigten begründen, fortsetzen oder durchführen will, nicht erfüllt hat.

Die Pflicht zur Verdachtsmeldung setzt nicht voraus, dass hinsichtlich des Vorliegens einer Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung ein strafrechtlicher Anfangsverdacht gegeben ist. Es ist nicht Aufgabe des Rechtsanwalts, die rechtlichen Voraussetzungen einer Geldwäschestraftat oder einer Terrorismusfinanzierung im Einzelnen zu prüfen und eine detaillierte rechtliche Subsumtion des Sachverhalts unter die entsprechenden Straftatbestände vorzunehmen. Es muss auch keine Gewissheit über den Bezug einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung zu einer Geldwäsche, einer entsprechenden konkreten Vortat der Geldwäsche oder zu einer Terrorismusfinanzierung bestehen.

Eine Pflicht zur Verdachtsmeldung besteht für Rechtsanwälte nicht, wenn sich der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen bezieht, die der Rechtsanwalt im Rahmen eines der Schweigepflicht unterliegenden Mandatsverhältnisses erhalten hat (§ 43 Abs. 2 Satz 1 GwG). Mit dieser Ausnahme von der Meldepflicht will der Gesetzgeber dem rechtlich besonders geschützten und für eine effektive Berufsausübung unverzichtbaren Vertrauensverhältnis zwischen Berater und Mandant Rechnung tragen. Von dieser Ausnahme macht das Gesetz indes wiederum eine Ausnahme: Die Anzeigepflicht des Rechtsanwalts besteht, wenn er positiv weiß, dass der Mandant das Mandatsverhältnis für den Zweck der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder – an dieser Stelle sehr weitgehend – einer anderen Straftat nutzt oder genutzt hat. Wenn der Mandant also seinen Rechtsanwalt bittet, dass aus einem Raub erlangte Geld gewinnbringend zu investieren, muss der Rechtsanwalt nicht nur das Mandat ablehnen, sondern auch eine Geldwäscheverdachtsanzeige erstatten.

Die Voraussetzungen für das Bestehen einer Verdachtsmeldepflicht sind wegen des möglichen Konflikts mit der beruflichen Verschwiegenheitspflicht mithin sorgfältig zu prüfen, um sich nicht durch eine ohne gesetzliche Pflicht vorgenommene Verdachtsmeldung nach § 203 StGB wegen Bruch der Verschwiegenheitspflicht strafbar zu machen. Zwar sieht § 48 GwG vor, dass derjenige, der eine Verdachtsmeldung nach § 43 Abs. 1 GwG oder eine Strafanzeige nach § 158 StPO erstattet, wegen dieser Meldung oder Strafanzeige nicht verantwortlich gemacht werden kann, sofern diese nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr erstattet worden sind. Ob § 48 GwG auch von der strafrechtlichen Verantwortung befreit, ist jedoch noch nicht abschließend geklärt, auch wenn dies einer verbreiteten Auffassung entspricht.

2. Erstattung der Meldung bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU)

Eine Meldung nach § 43 Abs. 1 GwG ist unverzüglich gegenüber der beim Zollkriminalamt angesiedelten Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zu erstatten und nicht mehr, wie nach früherer Gesetzeslage, gegenüber der Bundesrechtsanwaltskammer abzugeben. Die Meldung muss ab dem 1. Januar 2018 grundsätzlich elektronisch über das auf der Website der FIU (http://fiu.bund.de) eingerichtete Meldeportal "goAML" abgegeben werden. Hierzu ist eine vorausgehende (einmalige) Anmeldung erforderlich. Nur bei Störungen der elektronischen Datenübermittlung bzw. Systemstörungen des Meldeportals ist eine Übermittlung per Telefax zulässig.

VI. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten

§ 8 GwG enthält Regelungen zur Aufzeichnung und Aufbewahrung von Angaben und Informationen, die im Rahmen der bestehenden Pflichten vom Rechtsanwalt erhoben und eingeholt wurden. Diese Pflichten gelten nicht nur für Dokumente, die im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Sorgfaltspflichten eingeholt wurden (zum Beispiel Ausweispapiere und Registerauszüge), sondern auch für die Dokumentation der Durchführung und der Ergebnisse der internen Risikobewertungen und die Bewertung von Sachverhalten im Zusammenhang mit der Meldepflicht nach § 43 GwG. Die Aufzeichnungen sind unbeschadet anderer gesetzlicher Bestimmungen fünf Jahre aufzubewahren und danach unverzüglich zu vernichten. Da sämtliche Daten im öffentlichen Geldwäschepräventionsinteresse erhoben werden, unterliegen sie nicht der Verschwiegenheitspflicht und auch nicht dem Beschlagnahmeschutz nach § 97 StPO. Deshalb sollten die Aufzeichnungen keinesfalls in der Mandats- bzw. Handakte aufbewahrt werden, sondern getrennt von dieser in einem gesonderten Ordner bzw. elektronischen Verzeichnis.


1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird jeweils nur die männliche Form verwendet, die weibliche Form ist dabei jeweils mit eingeschlossen.

2 Im Folgenden wird nur noch der Begriff "Rechtsanwalt" verwendet; das Gesagte gilt gleichermaßen für Kammerrechtsbeistände.