Beschluss zur Versäumung der Klagefrist gem. § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO

TEXT: RAin Katharina Höllriegl, Referentin RAK München

In seinem Beschluss vom 20.01.2020, Az.: AnwZ (Brfg) 54/19, macht der BGH – Senat für Anwaltssachen – umfangreiche rechtliche Ausführungen in Bezug auf die Zustellung von Bescheiden über den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft per Postzustellungsurkunde.

Die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wurde mit Bescheid vom 20.03.2018 wegen Vermögensverfall gem. § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO widerrufen.

Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde der Widerrufsbescheid „am 21. März 2018 im Wege der Ersatzzustellung durch Einlegen in einen zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung (Briefschlitz in der Kanzleieingangstür) zugestellt.“ Die Postzustellungsurkunde dokumentiert weiterhin im Feld „Unterschrift des Zustellers“ einen unleserlichen Schriftzug.

Nachdem sich der Kläger zunächst an die Rechtsanwaltskammer gewandt hat, ging er mit verschiedenen Anträgen klageweise gegen den Widerrufsbescheid vor. Neben der Aufhebung des Widerrufsbescheids beantragte der Kläger u.a. die Feststellung der Nichtigkeit des Widerrufsbescheids und die Feststellung, dass das Verfahren über den Widerruf seiner Zulassung fortgeführt wird. Die Klage wurde am 06.07.2018 beim Anwaltsgerichtshof eingereicht. 

Der Anwaltsgerichtshof wies die Klage vollumfänglich ab. Insbesondere wurde die Klage auf Aufhebung des Widerrufsbescheids wegen Versäumung der Klagefrist des § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO als unzulässig abgewiesen.

Das Urteil wurde in der Berufsungsinstanz nunmehr vom BGH bestätigt. 

Der BGH führte zunächst aus, dass bei einer Zustellung mittels Postzustellungsurkunde eine entsprechende Urkunde zum Nachweis der Zustellung anzufertigen ist. Die Urkunde erbringt sodann den vollen Beweis für die darin bezeugten Tatsachen, der jedoch durch den Gegenbeweis erschüttert werden kann.

Bei der gem. § 182 Abs. 2 Nr. 8 ZPO erforderlichen Unterschrift des Zustellers auf der Urkunde darf es sich nicht bloß um ein Handzeichen oder eine Paraphe handeln, vielmehr müssen jedenfalls andeutungsweise Buchstaben erkennbar sein. Auf die Lesbarkeit kommt es hingegen nicht unbedingt an. 

„Eine unvollständige Beurkundung der Zustellung ändert indes nichts an der Wirksamkeit der Zustellung, da die Beurkundung des Zustellungsvorgangs nur dem Nachweis der Zustellung dient, aber nicht konstitutiver Bestandteil der Zustellung ist. Die fehlende Unterschrift des Zustellers lässt auch nicht zwingend jeden Beweiswert der Zustellungsurkunde entfallen. Vielmehr hat das Gericht gemäß §§ 419, 286 ZPO nach freier Überzeugung zu entscheiden, inwiefern äußere Mängel die Beweiskraft einer Urkunde ganz oder teilweise aufheben oder mindern.“ Vgl. Rn. 12 und 13 der Entscheidung.