Seehaus der RAK München

Bericht zum aktuellen Stand
TEXT: RAin Brigitte Doppler, Geschäftsführerin der RAK München

Das Seehaus der Rechtsanwaltskammer München am Starnberger See kann derzeit nicht mehr gebucht werden. Das Anwesen muss einer Generalsanierung unterzogen werden, die längere Konzeptions- und Umsetzungszeiten mit sich bringt. Damit geht auch einher, dass der Vorstand Überlegungen zur zukünftigen Nutzung angestrengt hat.

Die Rechtsanwaltskammer München hat das Seehaus 1981 als Nacherbe von Frau Elsa Gaenssler übernommen. Diese hat in ihrem Testament insbesondere verfügt:

… „Als Nacherben setze ich in Gedenken an meinen Mann ein die Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk München - der Nacherbfall soll eintreten mit dem Ableben der Vorerbin, die auf Lebensdauer den Grundbesitz in der gewohnten Weise weiter nutzen und betreuen soll. Dem Nacherben mache ich die Auflage, meinen Grundbesitz in Seeshaupt zu einem Heim zu gestalten, welches vorwiegend Angehörigen des Anwaltberufes zur Erholung, Alterssicherung und ähnlichen Zwecken dienen soll.“ …

Nach Annahme der Erbschaft wurde das Seehaus zunächst maßvoll modernisiert. Zur Betreuung bzw. zum Betrieb des Seehauses wurde ein Verein gegründet.

Zweck des Vereins ist die Förderung der beruflichen und wissenschaftlichen Bildung und Fortbildung sowie die Förderung des Sports und der Erholung für Mitglieder der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk München und deren Angehörige und Hinterbliebene.

Die Liegenschaft stand seitdem insbesondere für Gremiensitzungen der Rechtsanwaltskammer und Seminare zur Verfügung; in den letzten Jahren waren dies durchschnittlich zehn Veranstaltungen pro Jahr. Darüber hinaus wurde sie an Dritte (auch Kolleginnen und Kollegen) für Seminare und Veranstaltungen, aber auch für Übernachtungen vermietet. Das Seeufer konnte von einer beschränkten Anzahl von Kolleginnen und Kollegen und deren Familien zum Badebetrieb genutzt werden; dies wurde im Wesentlichen nur von ortsnahen Kollegen wahrgenommen. Für die Anmietung der Räume wurde ein dem Standard angepasstes Entgelt erhoben.

Bei durchschnittlich

  • 70 Tagesbuchungen der vier Apartments im Jahr insgesamt,
  • ca. 35 Tagungen in der Clubetage, davon allenfalls zehn für die RAK München, und
  • bis zu 20 privaten Feiern,

ließ sich das Konzept nicht mehr kostendeckend verwirklichen; im Übrigen stand das Seehaus an ca. 260 Tagen im Jahr leer.

Nachdem der Betrieb des Seehauses nicht aus eigenen Einnahmen des Seehauses finanziert werden konnte, leistete die Rechtsanwaltskammer München aus dem allgemeinen Kammerhaushalt mit den Pflichtbeiträgen der heute über 22.000 Mitglieder einen jährlichen Betriebskostenzuschuss zwischen € 25.000,00 und € 40.000,00, in den letzten zehn Jahren also etwa € 300.000,00 insgesamt.

Im Hinblick auf die Einnahmensituation des Seehauses wurden seit den 80er Jahren nur die allernotwendigsten Renovierungs- und Schönheitsreparaturen durchgeführt. Daraus ist nunmehr ein größerer Sanierungsstau entstanden, der sich auf einen hohen sechsstelligen Betrag beläuft.

Das Grundstück liegt im allgemeinen Wohngebiet. Damit ist eine Ausweitung der Nutzung insbesondere im Hinblick auf die erforderliche Rücksichtnahme auf die Nachbarn nur eingeschränkt möglich. Die Nutzung des Seehauses in seinen unterschiedlichen Ausgestaltungen hat in der Vergangenheit immer wieder zu Konflikten mit den Nachbarn geführt. Bereits 2008 wurde von den Nachbarn ein Klageverfahren zur Nutzung des Seehauses geführt, das zu folgender Anordnung des LRA Weilheim/Schongau führte:

1. Anordnung nach § 24 BImSchG

1.1 Der Seehaus-Verein für Rechtsanwälte e.V. wird verpflichtet, die Nutzung des Anwesens wie folgt zu beschränken:

1.1.1 Die Zahl der Tagesbadegäste, die sich gleichzeitig auf dem Grundstück aufhalten dürfen, wird auf maximal dreißig begrenzt.

1.1.2 Der Strandbereich darf von Tagesbadegästen nur bis 19.00 Uhr und von Hausgästen nur bis 21.00 Uhr genutzt werden. Allen Gästen wird das Mitbringen von Booten und Surfbrettern untersagt.

1.1.3 Der Gartenbereich darf nur von Hausgästen genutzt werden. Veranstaltungen in diesem Bereich müssen so beendet werden, dass um 22.00 Uhr Ruhe herrscht.

1.1.4 Musikdarbietungen sind nur im Gebäude und dort nur bei geschlossenen Fenstern und Türen zulässig.

1.1.5 Bei Veranstaltungen im „Bierstüberl“ im Untergeschoss müssen nach 22.00 Uhr auch die Türen und Fenster auf der Nordostseite (Seeseite) geschlossen bleiben. Die dem „Bierstüberl“ vorgelagerte offene Veranda darf nach 22.00 Uhr nur genutzt werden, wenn sie auf der Ost- und der Südostseite durch eine an dem Boden, der Gebäudefassade und der Überdachung der Veranda unmittelbar anschließende Wand ohne Öffnung abgeschlossen wird.

1.1.6 Zur Unterbringung eines Fahrverkehrs an den späten Abendstunden und während der Nachtzeit muss das Zufahrtstor an der südlichen Grundstücksgrenze bei Veranstaltungen ab 21.00 Uhr abgesperrt werden. Zum Verlassen des Grundstücks darf ab diesem Zeitpunkt nur die westlich dieser Zufahrt gelegene Pforte genutzt werden.

1.1.7 Bei Veranstaltungen, die länger als 19.00 Uhr dauern oder erst nach diesem Zeitpunkt beginnen, verpflichtet sich der Seehaus-Verein für Rechtsanwälte e.V., Frau K. vor Beginn der Veranstaltung eine Person zu benennen, die für die Einhaltung der Nutzungsbeschränkungen verantwortlich ist.

1.2 Die Rechtsanwaltskammer für den OLG-Bezirk München wird verpflichtet, die Nutzungsbeschränkungen gem. 1.1 zu dulden.

Vor dem Hintergrund der anstehenden notwendigen Sanierungsinvestitionen hat die Rechtsanwaltskammer deshalb bereits 2014 den Seehaus-Verein, der für den Betrieb vertraglich zuständig ist, gebeten, das Nutzungskonzept zu überarbeiten bzw. anzupassen, das realistisch erwarten lässt, dass nicht nur der Betrieb des Seehauses sich selbst finanziert, sondern auch die Renovierungskosten refinanziert werden können. Ein solches Konzept konnte trotz umfangreicher Anstrengungen durch den Seehaus-Verein nicht gefunden werden.

Daraufhin hat sich die Rechtsanwaltskammer selbst intensiv um ein neues Konzept bemüht, das die Finanzierung des Betriebs und der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen sichert. Ziel war es dabei immer, Mitgliedsbeiträge entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu verwenden. Für diese Planungen wurde insbesondere eine Projektplanungsagentur und Architekten zur Beratung herangezogen.

Im Gespräch waren

  • eine Seniorenresidenz,
  • der Ausbau zu einem Tagungshotel,
  • eine Ausweitung des Seminarbetriebs, auch unter Fremdbeteiligung z.B. größerer Unternehmen oder der Universitäten.

Eine Refinanzierung der Investitionen aus diesen Konzepten war realistisch nicht zu erwarten. Bei der Frage, welches Nutzungskonzept dazu führt, dass sich das Seehaus für die Zukunft selbst trägt, war insbesondere zu beachten:

  • Lage im allgemeinen Wohngebiet,
  • Anordnung des LRA vom 21.08.2008 zur beschränkten Nutzung,
  • schlechte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel auch unter Einbindung der örtlichen Infrastruktur.

Nachdem für alle Überlegungen eines zukünftigen Nutzungskonzeptes, Sanierung, Umbau und gegebenenfalls Erweiterung des Anwesens erhebliche Investitionen erforderlich sind, stellte sich die Frage, inwieweit Pflichtbeiträge der Pflichtmitglieder hierfür eingesetzt werden dürfen.

Die Rechtsanwaltskammer selbst darf nur tätig werden und die Beiträge der Mitglieder dürfen nur eingesetzt werden, soweit die Kammer in ihrem legitimen Aufgabenbereich tätig ist. Das gilt auch für die Vermögensverwaltung, die nicht den Aufgabenbereich der Kammer erweitert. Vermögen muss wirtschaftlich und kostendeckend verwaltet werden; dauerhafte Verluste müssen ausgeschlossen werden.

Die tage- und/oder wochenweise Vermietung von Apartments, Überlassung von Räumlichkeiten zum Zwecke von Festveranstaltungen sind kammerfremde Tätigkeiten. Sie lassen sich auch im Rahmen der Vermögensverwaltung nicht rechtfertigen, da eine gewerbliche Tätigkeit unzulässig ist. Das Clubhaus in der bisherigen Nutzung fortzusetzen, ist rechtlich unzulässig. Es ist nicht wirtschaftlich und damit auch nicht mit Art. 5 BayHO vereinbar. Danach sind bei der Ausführung des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Bei Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung sind Nutzen-Kosten-Untersuchungen anzustellen. Dabei muss ausgeschlossen werden, dass kammerfremde Zwecke aus Beiträgen der Mitglieder finanziert werden.

Die Investitionen und der Betrieb eines Tagungs-/Seminarzentrums für eigene Aufgaben der Kammer München sind – mit Blick auf die Seminarräume im Tal 33 – aus heutiger Sicht nicht wirtschaftlich. Der Betrieb eines Seminarzentrums für Dritte ist keine Aufgabe der Kammer, auch nicht der Vermögensverwaltung.

Nach § 89 Abs. 2 Nr. 3 BRAO ist es zwar Aufgabe der RAK München, Fürsorgeeinrichtungen für Rechtsanwälte und deren Hinterbliebene zu schaffen. Der Begriff der Fürsorgeeinrichtungen setzt jedoch voraus, dass damit Notlagen verbunden sind, die eine solidarische Unterstützung durch die Anwaltschaft für angebracht erscheinen lassen (BVerfG NJW 1990, 2122, Henssler/Prütting-Hartung, BRAO, 5. Aufl., § 89 Rn. 23); diese Aufgabe hat ihre besondere Bedeutung verloren, nachdem eigene berufsständische Versorgungswerke geschaffen wurden. Im Übrigen gibt es den Unterstützungsfonds – früher  Nothilfefonds. Eine „Erholungseinrichtung“ fällt nicht unter diesen Begriff, insbesondere ist es keine staatliche Aufgabe, also auch keine Kammeraufgabe, Erholungseinrichtungen vorzuhalten und anzubieten. Die Erholung gehört dem privaten Bereich an, die individuell von jedem einzelnen Kammermitglied geregelt wird und der Privatsphäre zuzurechnen ist.

Andererseits kann z. B. die Vermietung von Wohnungen als Aufgabe der Vermögensverwaltung zulässig sein, soweit sie Erträge erwirtschaftet, den Finanzierungsaufwand ausgleichen kann und die Instandhaltung in der Zukunft sicherstellt. Steuerpflichtige Betriebe gewerblicher Art , wie es z. B. eine Seniorenresidenz mit Zusatzleistungen wäre, sind nicht kammerspezifische Aufgaben.

Erbrechtliche Erwägungen aus dem Testament stehen diesen rechtlichen Anforderungen nicht entgegen.

Diese Wertungen wurden auch durch Einholung entsprechender Gutachten, die durch renommierte Sachverständige, nämlich Herrn Prof. Dr. Knut Werner Lange, Ordinarius an der Universität Bayreuth und Herrn Dr. Heinz Fischer-Heidlberger, früher Präsident des Bayerischen Obersten Rechnungshofes, bestätigt.

Interessierte Mitglieder können die Gutachten nach Voranmeldung in der Kammergeschäftsstelle einsehen.

Um diesen durch die Sachverständigen getroffenen Bewertungen Rechnung zu tragen, hat sich der Vorstand leider gezwungen gesehen, die bisherige gemischte Nutzung des Seehauses aufzugeben und dieses vielmehr einer zulässigen Nutzung im Rahmen der Vermögensverwaltung zuzuführen.