BGH: Arbeitsvertragliches Versetzungsrecht steht der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht entgegen

Text: RA Florian Wolferstätter, Referent der RAK München

Mit zwei Beschlüssen vom 02.04.2019, Az. Anwz (Brfg) 77/18 und AnwZ (Brfg) 83/18, hat der BGH entschieden, dass ein vertraglich vereinbartes Versetzungsrecht der Annahme einer fachlichen Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit nicht entgegensteht. Gegenstand beider Verfahren war jeweils die Tätigkeit für eine Rechtsschutz-Versicherung. Der BGH führte hierzu aus, dass zwar die Möglichkeit besteht, dass die Versetzung oder die Drohung mit ihr vom Arbeitgeber im Einzelfall als Mittel oder Versuch der Disziplinierung eines Angestellten eingesetzt werden könnte. Eine solche Wahrnehmung des Versetzungsrechts allein zu diesem Zweck sei jedoch missbräuchlich und insoweit nicht rechtswirksam. Die fachliche Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit im Sinne von § 46 Abs. 3 und 4 BRAO werde dadurch nicht ausgeschlossen. Ferner zog der BGH hierbei auch den Vergleich zum niedergelassenen Rechtsanwalt, wonach diesem gegenüber ebenfalls die Möglichkeit eines Versuchs der Einflussnahme auf seine anwaltliche Tätigkeit seitens eines Mandanten im Wege der Drohung mit einer Beendigung des Mandats bestehe.

Darüber hinaus bekräftigte der BGH nochmals, dass die anwaltliche Tätigkeit grundsätzlich keine geringwertige Tätigkeit darstellt, sondern eher im Gegenteil eine hochwertige. Wenn das Arbeitsverhältnis bereits quantitativ von der anwaltlichen Tätigkeit geprägt ist, könne für die qualitative Prägung regelmäßig nichts anderes gelten. Die Frage hinsichtlich des mindestens notwendigen Anteils anwaltlicher Tätigkeit wurde vom BGH weiter offen gelassen. Im konkreten Fall sei jedenfalls die Grenze von 60 bis 65 % anwaltlicher Tätigkeit nicht unterschritten.

In dem Beschluss vom 10.04.2019, Az. AnwZ (Brfg) 46/18, hat der BGH zudem erneut klargestellt, dass eine Beratung der Kunden des Arbeitgebers, auch wenn der Arbeitgeber nach den Vorschriften der Gewerbeordnung oder des Rechtsdienstleistungsgesetzes zur Rechtsberatung befugt sei, keine anwaltliche Tätigkeit für den Arbeitgeber im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO darstellt. Der entschiedene Fall betraf die Tätigkeit bei einer Versicherungsmakler GmbH. Der Kläger hatte insoweit angegeben, dass die Tätigkeit auch die Bearbeitung von kundenbezogenen Rechtsfragen umfasst.