Editorial
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Sie haben in diesem Frühjahr Ihre neuen Vertreterinnen und Vertreter für die 7. Satzungsversammlung gewählt, die im November dieses Jahres zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammentreten wird. Obgleich diesem satzungsgebenden Gremium der Anwaltschaft schon vor Jahren Bedeutungslosigkeit und ein baldiges Ende prophezeit wurde, bin ich mir sicher, dass den Mitgliedern der Satzungsversammlung in den nächsten vier Jahren viele spannende Diskussionen bevorstehen, die, soweit sinnvoll und nötig, in Änderungen der Berufsordnung und der FAO münden werden.
Die Satzungsversammlung hat in ihrer letzten Legislaturperiode u.a. zwei neue Fachanwaltschaften eingeführt, nämlich die Fachanwaltschaften für Migrationsrecht und für Sportrecht. Daneben wurde auch die Einführung einer Fachanwaltschaft für Opferrechte verhandelt. In der Abstimmung fehlten dann zwar zwei Stimmen für eine solche Ergänzung der FAO, jedoch ist schon jetzt absehbar, dass sich auch die nächste Satzungsversammlung mit dieser Fachanwaltschaft befassen und womöglich auch neu darüber abstimmen wird.
Weitere Themenschwerpunkte für die nächste Legislatur werden in den Bereichen Compliance und Legal Tech liegen, die in den vergangenen Jahren immer mehr Bedeutung für die anwaltliche Arbeit gewonnen haben. Auch im Bereich der grenzüberschreitenden Tätigkeit der Anwaltschaft kündigen sich spannende Diskussionen an, nämlich in Bezug auf die vom CCBE derzeit entwickelten Model Articles, die neue, europaweit geltende Perspektiven u.a. zu den Themen anwaltlicher Unabhängigkeit und zum Interessenkonflikt eröffnen könnten.
Daneben wird sich die Satzungsversammlung weiterhin intensiv mit dem Themenfeld Verschwiegenheitspflicht und Datenschutz beschäftigen. Mit der Einführung neuer bzw. der Modifikation bestehender berufsrechtlicher Regelungen kann die Satzungsversammlung viel zur Rechtssicherheit bei der praktischen Umsetzung der bestehenden und noch kommenden Anforderungen des Datenschutzrechts für die Anwaltschaft tun.
"... in der Satzungsversammlung schreiben wir Anwältinnen und Anwälte unser eigenes Berufsrecht ..."
Die Rechtsanwaltskammer München wird in der 7. Satzungsversammlung wieder mit 11 gewählten Mitgliedern sowie ihrem Präsidenten vertreten sein. Die Zusammensetzung der Münchner Vertreter/innen ist so divers wie die Anwaltschaft selbst: Frauen und Männer, jüngere und erfahrenere, selbständige und als Syndizi tätige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte werden die unterschiedlichsten Perspektiven, Interessen und Bedürfnisse in die Satzungsversammlung einbringen und sie damit prägen – das ist eine sehr gute Nachricht. Weniger schön ist der Umstand, dass nur knapp 10 % der Mitglieder der RAK München an der letzten Wahl zur Satzungsversammlung teilgenommen haben. Es sollte unser Ziel sein, das zu ändern und bis zu den nächsten Wahlen in vier Jahren mehr und besser über die Arbeit in der Satzungsversammlung und deren Ergebnisse zu informieren. Denn in der Satzungsversammlung schreiben wir Anwältinnen und Anwälte unser eigenes Berufsrecht und bestimmen damit im Rahmen der uns vom Gesetzgeber eingeräumten Befugnisse, wie wir selbst untereinander, mit unseren Mandantinnen und Mandanten und mit Dritten arbeiten wollen. Dies ist ein großes Privileg, ein wichtiger Bestandteil der anwaltlichen Selbstverwaltung, das wir uns unbedingt erhalten sollten.
Vielleicht ist dies ja für Sie Anlass und Motivation, in vier Jahren selbst für die Satzungsversammlung zu kandidieren? Darüber würde ich persönlich mich sehr freuen!
Ihre Anne Riethmüller
Mitglied der Satzungsversammlung
Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer München
Fachanwältin für Familien- und Erbrecht, Mediatorin