Positionspapier der BRAK zur Neuregelung des anwaltlichen Gesellschaftsrechts

TEXT: Redaktion der RAK München

Zentrale Punkte des Positionspapiers der BRAK zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe

Wie bereits in den Mitteilungen 08/2020 berichtet, hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) im Herbst 2020 den Referentenentwurf zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vorgelegt. Hiermit soll das Recht der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften umfassend modernisiert und an die Entwicklungen und Erfordernisse der anwaltlichen Tätigkeit angepasst werden. Zwischenzeitlich hat die Bundesregierung den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe beschlossen. Die BRAK äußerte sich jeweils in einer Stellungnahme zu den Gesetzesentwürfen und formulierte Kritikpunkte, Vorschläge und Forderungen im Gesetzgebungsverfahren. Primär mahnte die BRAK in ihrer Stellungnahme zum Regierungsentwurf an, dass die in der Stellungnahme zum Referentenentwurf vorgetragenen Bedenken, Kritikpunkte und Vorschläge fast ausnahmslos keine Berücksichtigung im Regierungsentwurf gefunden hätten.

Neben den Stellungnahmen erarbeitete die BRAK auch ein Positionspapier, in dem die wichtigsten Kritikpunkte zusammengefasst wurden. Konkret geht es der BRAK um folgende Punkte:

1. Stimmgewichtung (§ 190 BRAO-E)

Die BRAK spricht sich nach einem Mehrheitsbeschluss in der BRAK-Hauptversammlung entschieden gegen die Einführung einer Stimmgewichtung bei Beschlussfassungen in der Hauptversammlung aus. Nur bei gleichem Stimmgewicht könne – so das Papier – eine Majorisierung der überwiegend kleineren Kammern durch wenige, im Wesentlichen großstädtisch geprägte Kammern vermieden werden. Nur ein gleiches Stimmengewicht gewährleiste eine offene Debatte innerhalb der Hauptversammlung.

2. Erweiterung der Sozietätsfähigkeit (§ 59b BRAO-E)

Das Ziel der Bundesregierung, die Möglichkeiten der interprofessionellen Zusammenarbeit zu verbessern, wird seitens der BRAK grundsätzlich begrüßt. Zum Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit, dem Verbot der widerstreitenden Interessen sowie aufgrund der Verschwiegenheitsverpflichtung, dürfte der Kreis der sozietätsfähigen Berufe nur für solche Berufe erweitert werden, die ähnliche Berufspflichten sowie ein ähnliches Schutzniveau wie Rechtsanwälte haben. Eine Erweiterung der Sozietätsfähigkeit auf alle freien Berufe im Sinne des § 1 Abs. 2 PartGG lehnt die BRAK aus diesem Grund ab. Sie schlägt vor, neben den bisherigen sozietätsfähigen Berufen folgende weitere Berufe zu berücksichtigen:

  • Personen, die selbstständig tätig sind als Apotheker, Architekten, Ärzte, beratende Volks- und Betriebswirte, hauptberufliche öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, Ingenieure, Psychologen, Psychotherapeuten, Tierärzte, Zahnärzte;
  • Personen, die der Berufsaufsicht einer Berufskammer eines freien Berufes unterliegen und ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Strafprozessordnung haben.

3. Ausländische Berufsausübungsgesellschaften (§ 207a BRAO-E)

Die BRAK fordert, eine derart weitgehende Öffnung des inländischen Rechtsdienstleistungsmarktes für ausländische Berufsausübungsgesellschaften aus Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WHO) unter den Vorbehalt der Gegenseitigkeit zu stellen. Voraussetzung sei, dass die ausländische Berufsausübungsgesellschaft in ihrer Binnenstruktur demokratischen Grundsätzen entspricht und einem vergleichbaren Berufsrecht zur Sicherstellung der anwaltlichen Kernwerte unterliegt.

4.      Besonderes elektronisches Anwaltspostfach (§ 31b BRAO-E)

Die BRAK spricht sich dafür aus, dass verpflichtend für alle im Gesamtverzeichnis eingetragenen Berufsausübungsgesellschaften ein beA eingerichtet wird. Ein Wahlrecht für zugelassene Berufsausübungsgesellschaften, ob sie mit einem eigenen beA am elektronischen Rechtsverkehr teilnehmen, sei abzulehnen. Zudem fordert die BRAK, dass für zugelassene Berufsausübungsgesellschaften mehr als ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach eingerichtet werden kann. Die im Regierungsentwurf vorgesehene Einrichtung nur eines Postfachs für Berufsausübungsgesellschaften sei wiederum praxisfern. Gerade bei großen und größeren Berufsausübungsgesellschaften mit vielen Standorten würde die Entgegennahme von Posteingängen in nur einem Postfach zu erheblichen organisatorischen Problemen führen. Ergänzend bekräftigt die BRAK ihre Forderung, das Gesellschaftspostfach als sicheren Übermittlungsweg im Sinne des § 130a Abs. 4 ZPO auszugestalten.

5.      Wegfall der Nichtöffentlichkeit anwaltsgerichtlicher Verfahren (§ 135 BRAO)

Die BRAK fordert, am Grundsatz des Ausschlusses der Öffentlichkeit in der Verhandlung vor dem Anwaltsgericht festzuhalten. Nach Auffassung der BRAK sei es gerechtfertigt, dass die Hauptverhandlung vor dem Anwaltsgericht nicht öffentlich ist und nicht anders herum, dass die Hauptverhandlung grundsätzlich öffentlich ist und nur auf Antrag die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann. Hiermit solle das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant dauerhaft geschützt bleiben.

Stellungnahme des Bundesrates vom 05.03.2021


Zwischenzeitlich hat der Bundesrat differenziert Stellung zu dem Regierungsentwurf genommen und dabei in einigen Punkten Forderungen der BRAK aufgegriffen. In seiner Stellungnahme schlägt der Bundesrat vor, den von der BRAK unterbreiteten Vorschlag zu § 59c BRAO-E zu übernehmen. Hierbei schließt sich der Bundesrat der Argumentation der BRAK an, dass eine Erweiterung nur auf solche Berufe gerechtfertigt sei, die ähnliche Berufspflichten und eine vergleichbare Berufsaufsicht haben.

Zudem regt der Bundesrat an, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen durch Berufsausübungsgesellschaften, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der WHO haben, über ihre Zweigniederlassung in Deutschland die zusätzliche Voraussetzung in § 207a BRAO-E aufgenommen werden sollte, dass die Gegenseitigkeit mit dem Herkunftsstaat verbürgt ist.

Mit Blick auf das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) schließt sich der Bundesrat der Forderung der BRAK an, dass für jede im Gesamtverzeichnis eingetragene Berufsausübungsgesellschaft antragsunabhängig ein beA eingerichtet werden sollte. Diese Lösung entspreche auch dem Anspruch der Justiz, nicht in jedem Einzelfall prüfen zu müssen, ob ein Gesellschaftspostfach vorliegt. Ferner empfiehlt er, für Berufsausübungsgesellschaften auch mehrere beA einzurichten und den Übermittlungsweg zwischen dem beA für Berufsausübungsgesellschaften nach § 31b BRAO und der elektronischen Poststelle des Gerichts als sicheren Übermittlungsweg nach § 130a IV Nr. 2 ZPO anzuerkennen.