Zentrale Punkte des Positionspapiers der BRAK zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt
Am 20.01.2021 hat die Bundesregierung den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt vorgelegt. In dem Gesetzesentwurf soll die Tätigkeit von sogenannten Inkassodienstleistern zur Durchsetzung von Verbraucherrechten geregelt werden.
Derzeit können Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte berufsrechtlich nur in sehr engen Grenzen Erfolgshonorare vereinbaren. Sie dürfen für ihre Mandanten keine Verfahrenskosten übernehmen. Anders ist dies bei Inkassodienstleistern nach § 10 RDG. Diese Dienstleister bieten ihre Beratungsleistungen häufig gegen ein Erfolgshonorar an und tragen, je nach Fall, die Kostenrisiken ihrer Kunden.
Der Gesetzentwurf zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt soll diese Möglichkeiten auch für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten schaffen. Konkret bedeutet dies, dass Anwälte in größerem Umfang als bisher gegen Erfolgshonorar tätig werden und künftig auch Verfahrenskosten ihrer Mandanten tragen können. Damit wären Anwälte für den Bereich der außergerichtlichen Forderungseinziehung gleichgestellt. Gleichzeitig schreibt der Gesetzesentwurf für Inkassodienstleister lediglich spezielle Informationspflichten vor, die sie Verbrauchern gegenüber zu erbringen haben.
Die BRAK hatte bereits zum Referentenentwurf eine Stellungnahme abgegeben, in der sie erhebliche Bedenken und Kritikpunkte geäußert hat. Diese bekräftigte die BRAK abermals in ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf. So weist die BRAK erneut auf die kritischen und massiven Auswirkungen des Gesetzes auf die Rolle der Anwaltschaft und damit den Rechtsstaat hin. In einem Positionspapier benennt die BRAK die wesentlichen Auswirkungen des Gesetzesentwurfs und spricht sich klar gegen die Lockerung des grundsätzlichen Verbots des Erfolgshonorars aus.
Kritikpunkte aus dem Positionspapier
Hinsichtlich der Aufgabe rechtsstaatlicher Prinzipien argumentiert die BRAK, dass die Novellierung der Berufspflichten zur Angleichung an den Inkassodienstleistungsmarkt, der keinen berufsrechtlichen Pflichten unterliegt und keine Ausbildung voraussetzt, dem Anwaltsbild entgegenstehe. Dadurch werde der Verbraucherschutz aufgehoben.
Damit verbunden sei eine fundamentale Abkehr vom anwaltlichen Berufsbild. Mit der Einführung von Erfolgshonoraren träten Interessensgegensätze zwischen Rechtsanwalt und Mandant auf. Als Konsequenz könne der Anwalt nicht mehr seine Rolle als unabhängiges Organ der Rechtspflege gemäß § 1 BRAO erfüllen.
Mit Einführung einer Prozessfinanzierung rücke der Anwalt zudem in den gewerblichen Tätigkeitsbereich, da er nicht mehr nur seine Rechtskenntnisse anbietet, sondern auch sein Kapital. Damit werde das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant erheblich belastet.
Zudem sei die Definition von „Inkassodienstleistung“ völlig unzureichend und führe zu weiteren Rechtsunsicherheiten. Eine von vorneherein auf gerichtliche Durchsetzung zielende Tätigkeit, die als Inkassodienstleistung bezeichnet wird, führe zu Anspruchsbündelungen, die dem Sinn und Zweck des RDG widersprechen. Die Befugnisse der Inkassodienstleister müssten eng begrenzt und der Begriff der Inkassodienstleister müsste klar und rechtssicher definiert werden.
Einen weiteren Punkt, den die BRAK in ihrem Positionspapier nennt, ist die Beibehaltung der Rechtsdienstleistung als Kerngeschäft der Anwaltschaft. Mit der Inkassodienstleistung als zulässige Nebenleistung bekomme man einen mit unbestimmten Befugnissen ausgestatteten Rechtsdienstleister der Anwaltschaft.
Mit der Liberalisierung des anwaltlichen Berufsrechts verbunden sei eine Inkohärenz. Da Rechtsanwälte und nichtanwaltliche Rechtsdienstleister nicht gleichbehandelt werden können, führe dies zu europarechtlicher Inkohärenz, was dem zwingenden Grund des Allgemeinwohlinteresses entgegensteht.
Zudem führe ökonomisch rentables und auf Erfolgshonorar und Prozessfinanzierung basierendes Arbeiten dazu, dass nur Verfahren mit sehr hoher Erfolgswahrscheinlichkeit geführt würden. Auch erfüllten nichtanwaltliche Inkassodienstleister mit 120 Stunden Sachkundedienstleistung nicht ansatzweise die Kenntnisse, die eine qualifizierte Rechtsberatung erfordert.
Die Rechtsdurchsetzung werde für Verbraucher teurer, weil der Verbraucher in der Regel 30 % als Erfolgshonorar an Legal Tech-Inkasso abgeben muss. Bei anwaltlicher Vertretung erhalte er im Fall des Obsiegens hingegen zusätzlich zu den 100 % seiner Forderung die Rechtsverfolgungskosten durch den Gegner erstattet.
Mit Erfolgshonoraren und Prozesskostenfinanzierung werde das Prinzip der Quersubventionierung unterlaufen, weil der Rechtsanwalt hierbei ein erhebliches ökonomisches Eigeninteresse verfolge und verlorene Erfolgshonorare durch Quersubventionierung nicht ausgeglichen werden können.
Auch entbehrten die zur Begründung herangezogenen Zahlen der für das Erfolgshonorar vorgesehenen Wertgrenze von EUR 2.000 jeglicher empirischen Grundlage. Weiter seien die vorgesehenen Änderungen zur Stärkung der Aufsichtsbefugnisse nicht ausreichend, um der Gefahr unzulässiger Inkassomodelle wirksam begegnen zu können.
Zwischenzeitlich hat der Bundesrat am 05.03.2021 den Gesetzentwurf im ersten Durchgang beraten und zahlreiche Prüfbitten und Änderungswünsche beschlossen.