FATF-Deutschlandprüfung 2020/2021
Im Jahr 2020/2021 findet die nächste "FATF-Deutschland-Prüfung" statt. Der Schwerpunkt der anstehenden Länderprüfung wird u.a. auf dem Nachweis der Effektivität der Bekämpfung der Geldwäsche, insbesondere auch im Nicht-Finanzsektor liegen. Gegenstand der Prüfung ist dabei die Frage, inwiefern ein Staat eine effektive Gesetzeslage zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung geschaffen hat und mit welchem Ergebnis diese Gesetze innerstaatlich umgesetzt werden. Anders als bei der von der Rechtsanwaltskammer jährlich durchzuführenden Routineprüfung, welche die Einhaltung der Vorschriften des GwG durch die Rechtsanwälte zum Gegenstand hat, stehen im Rahmen der FATF-Prüfung die Regierung sowie die Aufsichts-, Strafverfolgungs- und Justizbehörden im Fokus.
Die Financial Action Task Force (FATF) ist ein bei der OECD angesiedeltes, im Jahr 1989 gegründetes internationales Gremium zur Bekämpfung und Verhinderung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Proliferationsfinanzierung. In diesem Bereich hat sie internationale Standards etabliert („International Standards of Combating Money Laundering and the Financing of Terrorism & Proliferation – The FATF Recommendations“). Sie umfasst gegenwärtig 35 Mitgliedsstaaten, die EU-Kommission sowie den Golf-Kooperationsrat. Die FATF fördert die weltweite Verbreitung dieser Standards und überprüft deren Umsetzung in den Mitgliedsstaaten.
Obwohl die von der FATF etablierten Standards als „Soft Law“ keine unmittelbare Rechtswirkung entfalten, wurden sie von über 170 Staaten für sich als verbindlich und bindend anerkannt. Die insgesamt 40 Empfehlungen setzen einheitliche Verhaltensregeln und Maßstäbe fest, die für den gesamten Finanzsektor sowie für alle beteiligten Personen und Berufsgruppen gelten. Sie werden regelmäßig auf der Grundlage der neuesten Erkenntnisse und Entwicklungen auf dem Gebiet der Geldwäsche-, Terrorismusfinanzierungs- und Proliferationsbekämpfung aktualisiert. Zuletzt wurde dabei ein verstärkter Fokus auf den risikobasierten Ansatz gelegt.
Alle Mitglieds- und Kooperationsstaaten werden in regelmäßigen Abständen im Rahmen sogenannter „Mutual Evaluations“ hinsichtlich der Einhaltung der vorgenannten Standards evaluiert. In Deutschland fand die letzte turnusmäßige Prüfung im Jahr 2009/2010 statt. Die dabei getroffenen Feststellungen boten Anlass für rund 40 Gesetzesänderungen.
Ab November 2020 wird Deutschland erneut auf die Einhaltung dieser internationalen Standards geprüft. Die enorme Relevanz der Prüfung ergibt sich aus der Tatsache, dass die Ergebnisse der Prüfung das politische Ansehen der Bundesrepublik Deutschland, vor allem aber die internationalen Wirtschaftsbeziehungen hier ansässiger Unternehmen direkt beeinflussen.
Geprüft wird dabei einerseits die Übereinstimmung der staatlichen Rahmenbedingungen mit den FATF-Empfehlungen, beispielsweise die Gesetzeslage, die Einrichtung der zuständigen Institutionen sowie die zur Verfügung stehenden Mittel zur Durchsetzung der nationalen Gesetze. Diese sogenannte „Technical Compliance“ wird sodann zur Grundlage der „Effectiveness“-Prüfung. Dabei wird die Effektivität der vorhandenen Rahmenbedingungen daraufhin geprüft, ob die nationalen Vorschriften effektiv angewendet und die von der FATF vorgegebenen Ziele erreicht werden.
Ende Juni 2019 veröffentlichte die Financial Action Task Force (FATF) ihren Leitfaden für einen risikobasierten Ansatz für Angehörige juristischer Berufe (Guidance for a Risk-Based Approach for Legal Professionals). Der Leitfaden bietet für Verpflichtete aus dem rechtsberatenden Sektor Anhaltspunkte für das Erkennen von Geldwäscherisiken sowie die Ausgestaltung eines effektiven Risikomanagements. Der Leitfaden ist sowohl auf Einzelanwälte als auch auf multinationale Großkanzleien anwendbar. Zudem veröffentlichte die FATF Leitlinien, die speziell auf Treuhand- und Unternehmensdienstleistungen, die von Rechtsanwälten und Notaren erbracht werden, zugeschnitten sind.
Beide Leitfäden lassen sich auf unserer Internetseite abrufen, der Leitfaden für "Trust and Company Service Providers" steht nur in englischer Sprache zur Verfügung.
Aktualisierte Auslegungs- und Anwendungshinweise
Die Rechtsanwaltskammer hat als zuständige Aufsichtsbehörde für ihren Kammerbezirk gemäß § 51 Abs. 8 Satz 1 GwG den Verpflichteten regelmäßig aktualisierte Auslegungs- und Anwendungshinweise (AAH) für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten und internen Sicherungsmaßnahmen nach den gesetzlichen Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zur Verfügung zu stellen. Diese AAH werden in einer Arbeitsgruppe "Geldwäscheaufsicht" bei der Bundesrechtsanwaltskammer erarbeitet und sodann vom jeweiligen Vorstand der regionalen Kammern genehmigt. Sie beinhalten keine Zusammenfassung sämtlicher für Rechtsanwälte relevanter Regelungen des GwG. Sie dienen vielmehr dazu, ein verbessertes Bewusstsein für die Gefahren und Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu erreichen und den Rechtsanwälten konkrete Hinweise zur Anwendung des GwG zur Verfügung zu stellen.
Die aktualisierte Form der AAH ist auf der Website der Rechtsanwaltskammer München verfügbar. Bei der Aktualisierung wurden insbesondere die Erfahrungen sowohl aus der neuen Erhebung zu den Verpflichteteneigenschaften, als auch aus den bisherigen Ergebnissen der Prüfung für den Prüfungszeitraum 2018 berücksichtigt.
In Ergänzung zur 2. Auflage finden sich in den aktualisierten AAH insbesondere Erläuterungen zu folgenden Fragestellungen:
- Anwendbarkeit des GwG auf mehrfach qualifizierte Berufsträger
- gemeinsame Bearbeitung eines Mandats durch mehrere Kollegen
- Berücksichtigung interner Kanzleistrukturen
- Verwaltung von Patenten, Marken und Designs als Kataloggeschäft
- persönliche Verantwortung des Verpflichteten bzgl. der Einhaltung von Sorgfaltspflichten
- Risikoanalyse in Großkanzleien
- Überprüfung der Mitarbeiter auf Zuverlässigkeit
Die Arbeitsgruppe arbeitet bereits an der Neuauflage der AAH, um hierin baldmöglichst Hinweise zu den per 01.01.2020 in Kraft tretenden umfangreichen Änderungen des GwG zu geben.
Neben den aktualisierten AAH stellt die Rechtsanwaltskammer München auf ihrer Website weitere Übersichten zur Verfügung. Diese werden ebenfalls fortlaufend aktualisiert und erweitert.
Zudem werden auch künftig wieder Seminare zum Thema Geldwäsche angeboten werden.
Prüfbericht für den Prüfzeitraum 2018
Auch in diesem Jahr fand wieder die anlasslose Routineprüfung statt. Im Rahmen der Erhebung wurden, wie bereits im Erhebungszeitraum 2017, 10 % der Mitglieder nach dem Zufallsprinzip angeschrieben, um zunächst festzustellen, ob sie Verpflichtete nach dem GwG sind. Die bisherige Auswertung ergab, dass etwa 25 % der befragten Rechtsanwälte an Kataloggeschäften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG mitgewirkt haben, mithin im Prüfzeitraum 2018 Verpflichtete im Sinne des GwG waren. Dieser Anteil wurde auf die Gesamtmitgliederzahl übertragen und aus den somit ermittelten Gesamtverpflichteten wurde wiederum bei 2 % eine weitergehende Prüfung angeordnet. Auch hierbei erfolgte die Auswahl wieder nach dem Zufallsprinzip. Von den durchgeführten Prüfungen konnten über 50 % ohne Beanstandung abgeschlossen werden; 20 % mündeten in einem Verwarnungsbescheid, nachdem die Rechtsanwaltskammer München beschlossen hatte, für den Prüfzeitraum 2018 nochmals von der Verhängung von Bußgeldern abzusehen, soweit der Pflichtverstoß nicht besonders schwer wiegt oder sich sonst qualitativ und quantitativ von den übrigen festgestellten Verstößen abhebt. Bei 15 % der Geprüften stellte sich im Rahmen der eingehenderen Prüfung heraus, dass sie im Prüfzeitraum 2018 doch keine Verpflichteten i.S.d. GwG waren und in weiteren 15 % der Fälle ist die Prüfung noch nicht abgeschlossen.
Neu kam hinzu, dass dieses Jahr neben der Routineprüfung noch zusätzlich eine Schwerpunktprüfung für den Immobiliensektor durchgeführt wurde. Nach Einschätzung des Bundeskriminalamts ist der Immobiliensektor in Deutschland aktuell besonders gefährdet, für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden. Aufgrund hoher und stabiler Renditen ist dieser Wirtschaftsbereich derzeit für Investoren aus dem In- und Ausland besonders attraktiv, was zu erheblichen Verschiebungen in der Eigentümerstruktur führt. Die Rechtsanwaltskammer München hat daher eine risikobasierte Auswahl getroffen und im Ergebnis weitere 139 Mitglieder geprüft. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.
Zudem führt die Rechtsanwaltskammer München in Stichprobe und/oder risikobasiert im Nachgang zur schriftlichen (Fragebogen-)Prüfung Vor-Ort-Prüfungen durch, um die Konsistenz der Prüfung zu gewährleisten. Insgesamt wurden dieses Jahr drei Vor-Ort-Prüfungen angekündigt.
GwG-Gesetzesänderung 2020
Am 29.11.2019 hat der Bundesrat dem vom Bundestag verabschiedeten neuen GwG-Änderungsgesetz („Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie“) zugestimmt. Es wurde am 19.12.2019 im Bundesgesetzblatt verkündet und wird am 01.01.2020 in Kraft treten.
Das GwG-Änderungsgesetz bringt weitere Verschärfungen mit sich. So wird unter anderem der Kreis der Verpflichteten weiter vergrößert. Im Rahmen von Geschäften mit Bezug zu bestimmten Risikoländern werden nunmehr verstärkte Sorgfaltspflichten abverlangt. Mit der Gesetzesänderung wird zudem der Zugang zum Transparenzregister öffentlich. Darüber hinaus werden die Bußgeldbestimmungen erweitert bzw. modifiziert sowie der Bußgeldrahmen bei vorsätzlicher Begehung erneut erhöht: Dieser erstreckt sich nun auf bis zu EUR 150.000, sowie – wie bisher – bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen auf bis zu EUR 1 Mio.
Eine für die Anwaltschaft besonders relevante Neuerung ist die Verdachtsmeldepflicht bei bestimmten Immobiliengeschäften, die nunmehr die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht stets durchbricht. Im Rahmen der Gesetzesänderung sind die Geldwäscherisiken im deutschen Immobiliensektor grundsätzlich in den Fokus gerückt. Auch Notare, Versteigerungsgerichte und Makler müssen den Risiken insbesondere in diesem Bereich mit geeigneten Maßnahmen begegnen.
Darüber hinaus wurde der Umfang derjenigen Kataloggeschäfte, die Rechtsanwälte, die an ihnen mitwirken, den Verpflichtungen des GwG unterwerfen, erweitert. So gehört künftig sowohl die „geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen“ zu den Kataloggeschäften, aber auch die Beratung des Mandanten „im Hinblick auf dessen Kapitalstruktur, dessen industrielle Strategie oder damit verbundene Fragen“ sowie die Beratung des Mandanten oder sonstige Dienstleistungen „im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen oder Übernahmen“.
Eine Synopse zwischen neuem GwG ab 01.01.2020 und der bis dahin geltenden Fassung finden Sie auf unserer Website.
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