79. Tagung der Gebührenreferenten der Rechtsanwaltskammern
Kurzbericht der Bundesrechtsanwaltskammer vom 25.10.2021
Die 79. Tagung der Gebührenreferenten fand am 04.09.2021 in Hamburg statt; coronabedingt fand im Jahr 2020 keine Tagung statt.
- KostRÄG 2021, Legal Tech-Gesetz & Co
Die Gebührenreferenten befassten sich mit dem am 01.01.2021 in Kraft getretenen Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 (KostRÄG 2021) sowie dem Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt (sog. Legal Tech-Gesetz) und dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht, die beide seit 01.10.2021 gelten.
Im Rahmen der nächsten Tagung werden sich die Gebührenreferenten mit den bis dahin gesammelten Erfahrungen und Nachfragen der Kammermitglieder zu diesen Gesetzen beschäftigen, insbesondere mit der Frage des Umgangs mit der Neuregelung des Erfolgshonorars gem. § 4a RVG. - Stundensatzhonorarvereinbarungen 15-Minuten-Zeittaktklausel unwirksam
Die Gebührenreferenten begrüßten das Urteil des BGH vom 13.02.2020 (Az. IX ZR 140/19 = BRAK-Mitt. 2020, 150 mit Anm. Schons), da es Rechtssicherheit und -klarheit schafft. Der BGH entschied, dass die formularmäßige Vereinbarung eines Zeithonorars, welche den Rechtsanwalt berechtigt, für angefangene 15 Minuten jeweils ein Viertel des Stundensatzes zu berechnen, den Mandanten unangemessen benachteiligt. Außerdem ist nach dem BGH eine formularmäßige Vergütungsvereinbarung, welche eine Mindestvergütung des Rechtsanwalts in Höhe des Dreifachen der gesetzlichen Vergütung vorsieht, unwirksam.
Ferner hat das Urteil nach Auffassung der Gebührenreferenten auch bei Rahmengebühren Relevanz. Der BGH führt darin auch zur Substantiierung des erforderlichen Vortrags zum Umfang der Tätigkeit aus und stellt dabei hohe Anforderungen. An diesen Kriterien werden sich künftig die Gebührenabteilung der Rechtsanwaltskammern auch bei Rahmengebühren orientieren müssen. - Masseninkasso
Thema der 79. Gebührenreferententagung war zudem das Urteil des 4. Strafsenats des BGH vom 14.03.2019 (Az. 4 StR 426/18) Betrugsvorwurf bei Masseninkasso wegen überhöhter Anwaltskosten. Dabei geht es um die Frage der Abgrenzung von anwaltlichem Masseninkasso und rein kaufmännischer Tätigkeit (siehe Rn. 35 des Urteils). Nach Auffassung des Strafsenats ist eine im Rahmen einer Automatisierung massenhaft durchgeführte Inkassotätigkeit nicht als anwaltliche Dienstleistung, sondern als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren.
Nach eingehender intensiver Diskussion halten die Gebührenreferenten die Schlussfolgerungen des 4. Strafsenats für nicht haltbar und fassten vor diesem Hintergrund einstimmig folgenden Beschluss: Eine anwaltliche Tätigkeit wird nicht dadurch zu einer nicht-anwaltlichen Tätigkeit, dass sie ganz oder teilweise automatisiert erbracht wird. - Überprüfung der Angemessenheit der Anzahl der aufgewandten Stunden?
Auch die Frage der Überprüfung der Angemessenheit des entfalteten Aufwands im Rahmen der Gebührengutachten nach § 3a RVG war Thema der Tagung vor dem Hintergrund einer missverständlichen Formulierung von RAuN a. D. Teubel im RVG-Kommentar von Mayer/Kroiß (7. Auflage, § 3a Rn. 134).
Die Gebührenreferenten fassten nach ausführlicher Diskussion folgendes Meinungsbild: Die Beurteilung der Plausibilität der aufgewendeten Stunden und der Abrechnung fällt nicht in die Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammern und ist auch nicht über § 73 Abs. 2 Nr. 8 BRAO zu begründen. Neben § 14 Abs. 3 RVG ist allenfalls über § 3a Abs. 3 RVG die Frage zu beantworten, ob die Vereinbarung an sich, auf deren Grundlage die Abrechnung erstellt wird, unverhältnismäßig ist oder nicht. - Auswirkung der Anrechnung im Sozialrecht
Die Gebührenreferenten befassten sich ferner mit der Auswirkung der Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG im Sozialrecht. Im konkret behandelten Fall ist nach Anrechnung die Verfahrensgebühr im vollen Umfang weggefallen. Dieses Ergebnis der Anrechnung hielten die Gebührenreferenten für nicht zufriedenstellend und fassten daher folgenden Beschluss: Die Gebührenreferenten halten eine Gesetzesänderung beim Anrechnungssystem im Sozialrecht für sinnvoll. - 80. und 81. Tagung der Gebührenreferenten
Die RAK Düsseldorf wird die 80. (Frühjahrs-)Tagung der Gebührenreferenten ausrichten. Der Zeitpunkt steht noch nicht fest. Die 81. (Herbst-)Tagung wird auf Einladung der RAK Oldenburg am 24.09.2022 stattfinden.
161. Hauptversammlung der BRAK am 23./24.09.2021 in Nürnberg
Die halbjährliche Hauptversammlung (HV) der Bundesrechtsanwaltskammer befasste sich mit den Zukunftsthemen der Anwaltschaft: Digitalisierung der Justiz, Erneuerung des Pakts für den Rechtsstaat, Entwicklung des Rechtsdienstleistungsmarktes und den Bedarf für weitere RVG-Anpassungen.
Nachdem der aktuelle Stand der Digitalisierung der Justiz auf Bundes-, Länder- und europäischer Ebene erörtert wurde, erneuerten die Präsidentinnen und Präsidenten der 28 Rechtsanwaltskammern ihre bereits erhobene Forderung nach einer Neuauflage des Pakts für den Rechtsstaats. Es herrschte Einigkeit darüber, dass die Anwaltschaft in die Neuauflage des Paktes und in die erforderlichen Umstrukturierungsprozesse einbezogen und dieser um einen Digitalpakt erweitert werden muss. Dabei dürfe kein weiterer Abbau von Gerichten erfolgen.
Außerdem wurde auf der HV die RVG-Reform 2021 besprochen, an die laut Meinung der Präsidentinnen und Präsidenten angeknüpft werden muss. Ziel sei es, eine regelmäßige Gebührenanpassung zu erreichen, damit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte wirtschaftlich dazu in der Lage seien, den Zugang zum Recht zu garantieren.
Auch wurde eine Bundesliste für Insolvenzverwalter diskutiert. Die neu gegründete Länderarbeitsgruppe „Vorauswahlliste Insolvenzverwalter/innen“ hat vorgeschlagen, eine zentrale nach bundeseinheitlichen Kriterien geführte Vorauswahlliste zu schaffen, die von einer Bundesbehörde geführt werden soll. Diesen Vorschlag sah die HV kritisch, da er in die anwaltliche Selbstverwaltung eingreife.
Die von der EU geplanten neuen Geldwäschevorschriften seien laut HV ebenfalls ein Angriff auf die Selbstverwaltung der Anwaltschaft. Die Rechtsanwaltskammern seien sich ihrer Bedeutung der Geldwäscheaufsicht bewusst und üben ihre Aufsichtspflicht sorgfältig aus. Eine Einschätzung der RAK München zu dem geplanten Geldwäschepakt der EU-Kommission geht aus der „Gemeinsamen Stellungnahme der drei bayerischen Rechtsanwaltskammern“ hervor.
Weitere Informationen zur 161. Hauptversammlung sind auf der Homepage der BRAK zu finden.
Änderung der Gebührensatzung des Zentralen Vorsorgeregisters zum 01.01.2022
Die Bundesnotarkammer verkündete am 26.11.2021 eine Änderung der Gebührensatzung des Zentralen Vorsorgeregisters zum 01.01.2022.
Die Gebühren werden wie folgt erhöht, um auch künftig dem Kostendeckungsgrundsatz zu entsprechen:
- Grundgebühr für private Antragstellerinnen und Antragsteller von EUR 18,50 auf EUR 26,- (GebVerz. Nr. 10 VRegGebS)
- Grundgebühr für notarielle und nicht-notarielle Vielmelderinnen und Vielmelder (institutionelle Nutzer) von EUR 16,- auf EUR 23,50 (GebVerz. Nr. 20 VRegGebS)
- Gebühren für die Tatbestände, die bei der Registrierung von mehr als einer Vertrauensperson greifen von EUR 3,- auf EUR 4,- (GebVerz. Nr. 30 VRegGebS) bzw. von EUR 2,50 auf EUR 3,50 (GebVerz. Nr. 31 VRegGebS).
Der Gebührentatbestand für die Zurückweisung eines Antrags (GebVerz. Nr. 40 VRegGebS) entfällt mangels praktischer Anwendungsfälle.
Die Grundgebühren bilden die jeweils denkbaren Höchstwerte für einen Registrierungsvorgang. Sie fallen in dieser Höhe nur an, wenn für den Vorgang sonst keine Ermäßigungstatbestände (z. B. elektronische Übermittlung des Antrags oder Zahlung per Lastschrift) eingreifen.
Die Änderung der Gebührensatzung wird ebenfalls am 01.01.2022 unter der Internetseite des Zentralen Vorsorgeregisters einsehbar sein.
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