Wir bilden aus!

Ein Erfahrungsbericht, der motivieren soll, selbst auszubilden.
TEXT: RAin Silke Röser, Deng&Partner PartG mbB

Wir sind eine Kanzlei mit drei Berufsträgern, zwei Partnern und einer angestellten Rechtsanwältin. In unserem Sekretariat arbeiten nur ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte, teilweise auch Rechtsfachwirt*innen.

In den letzten Jahren haben wir wiederholt festgestellt, dass es bei Neueinstellungen schwierig ist, ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte auf dem freien Arbeitsmarkt zu rekrutieren. Zudem wird in den Kanzleien doch sehr unterschiedlich gearbeitet und muss deshalb auch eine ausgebildete Kraft häufig nochmals intensiv eingearbeitet werden.

Wir bilden seit unserer Gründung aus und der namensgebende Partner, Herr Rechtsanwalt Edwin Deng, bildet bereits seit über 20 Jahren aus.

Die Vergütung der Auszubildenden zur Rechtsanwaltsfachangestellten nach den Empfehlungen der Kammer ist finanziell keine Belastung. Wir müssen vielmehr hier schon den Blick in die Industrie und auf deren Vergütungsangebote schärfen, damit die künftigen Fachkräfte uns erhalten bleiben bzw. überhaupt noch bei uns anfangen. Trotz des Umstandes, dass immer wieder ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte in die Justiz oder die Industrie abwandern, können wir auch Mitarbeiter*innen nach erfolgter Ausbildung halten. Wir sind überzeugt, dass dies neben einer angemessenen Bezahlung auch auf dem wertschätzenden Umgang in der Kanzlei und der Pflege der persönlichen Beziehungen beruht.

... wird ein/e neue/r Auszubildende/r einer Kollegin fest zugeordnet, um auf dem kleinen Dienstweg am Ohr der Befindlichkeiten zu sein.

Innerhalb des Sekretariats wird ein/e neue/r Auszubildende/r einer Kollegin fest zugeordnet, um auf dem kleinen Dienstweg am Ohr der Befindlichkeiten zu sein. Gleichzeitig erfolgt eine Zu- und Zusammenarbeit auch mit den anderen Kolleg*innen. Ein partnerschaftlicher Umgang sowohl innerhalb des Sekretariats als auch zwischen Anwält*innen und Sekretariat ist uns hierbei wichtig.

Für den Ablauf der Ausbildung orientieren wir uns an der Ausbildungsordnung und dem Ausbildungsrahmenplan. Die dortigen Empfehlungen über die Vermittlung von Inhalten, jeweils nach den Ausbildungsjahren gestaffelt, läuft dann mehrheitlich parallel mit den schulischen Inhalten und führt im besten Falle zu den gewünschten ‚Aha-Effekten‘. Regelmäßig nimmt sich einer der Anwälte Zeit, um in einer eigenen Ausbildungseinheit entweder rechtliche Themen zu vertiefen oder schulischen Stoff zu wiederholen. Die Unterweisungen durch die Kolleg*innen im Sekretariat erfolgt dagegen im Arbeitsalltag. Durch die Zuordnung einer Partnerin im Sekretariat erfolgt gleichzeitig das Vorleben der wichtigen softskills wie Sorgfalt und Verschwiegenheit. Außerdem können die Auszubildenden schon früh selbstständiger arbeiten und sind nach unserer Einschätzung hierdurch auch motiviert.

Wir rekrutieren unsere Auszubildenden primär über Schüler-Praktika. Die Bewerbungen, die uns über Stellenanzeigen oder die Agentur für Arbeit erreichen, sind im Vergleich gering. Dennoch sind wir hier im Kontakt mit der örtlichen Agentur, um auf eventuelle Unterstützungsangebote aufmerksam gemacht zu werden.

Unsere Kanzlei stellt keine/n Auszubildende/n ohne Praktikum ein. Durch ein Praktikum lernen die Auszubildenden die Kanzlei und wir die künftigen Auszubildenden kennen. Dies sichert auf beiden Seiten realistische Einschätzungen. 

Wir sind hierbei offen für Auszubildende aus allen Schularten, Mittelschule, Realschule oder Gymnasium. Bei den Mittelschulen haben wir gute Erfahrungen mit Absolventen des ‚Quali‘ gemacht. Neben dem Praktikum ist uns ein solides Basiswissen in den Hauptpflichten Deutsch und Mathematik wichtig. Trotz Rechtschreibprogrammen sollte ein gewisses sprachliches Interesse vorhanden sein.

Die Ausbildung hält uns jung. In rein tatsächlicher Hinsicht, indem wir Jugendliche zu fertigen Rechtsanwaltsfachangestellten ausbilden und damit unsere Personalstruktur verjüngen. Es bleibt in Erinnerung oder wird wieder bewusst, dass wir arbeiten um zu leben. Die jungen Menschen haben hier deutliche und konkrete Vorstellungen und Wünsche. Freizeit ist wichtig. Gleichzeitig hatten wir aber noch nie Probleme mit der Arbeitsmoral. Daneben bleiben wir, indem wir uns mit den Themen der Jugend beschäftigen (dürfen), am Puls der Zeit. Die Gespräche über Freizeitaktivitäten offenbaren Unterschiede und Gemeinsamkeiten auch außerhalb des beruflichen Alltages.

Die Ausbildung hält uns jung.

Durch die häufig vorhandene Techniknähe und den selbstverständlichen Umgang mit den neuen Medien ist die Einarbeitung in die Anwaltssoftware in der Regel kein Problem, sondern vielmehr Herausforderung und Anreiz, die gerne angenommen werden. Die Arbeit mit dem Spracherkennungsprogramm, mit dem beA oder die Herstellung der Verbindung zwischen Homeoffice und Kanzlei werden von den Auszubildenden als Selbstverständlichkeit gesehen und dadurch auch von den erprobten Mitarbeiter*innen ehrgeizig umgesetzt. Schließlich will keiner von einem „Küken“ überholt werden.

Wir sind gerne Ausbildungskanzlei.

Durch die eigene Ausbildung stellen wir eine angemessene Besetzung unseres Sekretariats sicher und halten uns up to date. Die Rückkopplung an die Inhalte der Ausbildung und deren Vermittlung in der Berufsschule sowie der Austausch der Auszubildenden in der Berufsschule untereinander führt zu einem Rückfluss an Informationen und Neuigkeiten auch in unsere Kanzlei. Wir sind gerne Ausbildungskanzlei.

Bildquelle: ibravery/Adobe Stock