Achtung: Versicherungspflicht für ALLE Sozietäten ab dem 01.08.2022!

TEXT: RA Maximilian Horlbeck, Referent RAK München

Das Inkrafttreten der großen BRAO-Reform („Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe“) zum 01.08.2022 nähert sich in großen Schritten. Die RAK München hat die Änderungen in einer Synopse gegenübergestellt, die Sie hier abrufen können.

Eine wesentliche Neuerung ist, dass nach § 59n BRAO-Neu zukünftig jede Rechtsanwaltssozietät (egal welcher Rechtsform!) als Berufsausübungsgesellschaft verpflichtet ist, eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und während der Dauer ihrer Betätigung aufrecht zu erhalten. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine zugelassene oder nicht zugelassene Berufsausübungsgesellschaft handelt. Keinen Unterschied macht auch, ob die Gesellschaft haftungsbeschränkt ist oder nicht.

Alle bestehenden Rechtsanwaltssozietäten sind daher dringend dazu aufgefordert, bestehende Versicherungsverträge anzupassen bzw. sich um den ggf. erforderlichen Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung für die Gesellschaft zu kümmern. Falls noch nicht geschehen, muss zeitnah mit den Versicherern Kontakt aufgenommen werden, damit der erforderliche Versicherungsschutz zum Stichtag 01.08.2022 besteht!

Eine Anwaltskanzlei in Form einer GbR muss dann selbst Versicherungsnehmer werden und eine eigene Berufshaftpflichtversicherung unterhalten. Es reicht nicht mehr aus, wenn die einzelne Rechtsanwältin bzw. der einzelne Rechtsanwalt der GbR eine eigene Berufshaftpflichtversicherung unterhält. EUR 500.000 pro Versicherungsfall ist die Mindestdeckungssumme für Gesellschaften ohne einen Ausschluss der Haftung von natürlichen Personen (GbR, PartG, oHG). Bitte beachten Sie: Neben der Versicherung für die GbR muss auch jeder einzelne Anwalt bzw. jede einzelne Anwältin weiterhin eine eigene Berufshaftpflichtversicherung unterhalten.

Bei haftungsbeschränkten Gesellschaften (GmbH, PartG mbB) beträgt die Versicherungssumme grds. EUR 2,5 Millionen als Höchstleistung für den einzelnen Versicherungsfall (§ 59o Abs. 1 BRAO).

Besonderheit bei kleineren haftungsbeschränkten Gesellschaften: Es gilt eine niedrigere Versicherungssumme von EUR 1 Million, wenn nicht mehr als zehn Personen anwaltlich oder in einem rechts- und wirtschaftsberatenden oder sonstigen sozietätsfähigen freien Beruf (§ 59o Abs. 2 i.V.m. § 59c Abs. 1 BRAO-Neu) in der Gesellschaft tätig sind. Die Anzahl der Personen ergibt sich aus der Kopfzahl der Berufsträgerinnen und Berufsträger, d. h. es ist unerheblich, ob es sich um Teilzeitkräfte handelt. Jede kleinere haftungsbeschränkte Sozietät sollte aber für sich überlegen, ob sie wirklich nur die Mindestsumme von EUR 1 Million versichern will oder sich vorsorglich gleich mit EUR 2,5 Millionen versichert.

Berufsausübungsgesellschaften sind von Bürogemeinschaften zu unterscheiden. Bürogemeinschaften unterliegen auch nach dem 01.08.2022 keiner Versicherungspflicht. Hier ist es aufgrund aktueller Anschreiben von Berufshaftpflichtversicherern zu Unsicherheiten gekommen. Zur Klarstellung gilt Folgendes:

In § 59b Abs. 1 BRAO-Neu ist legaldefiniert, wann eine Berufsausübungsgesellschaft vorliegt. Danach muss diese der gemeinschaftlichen Ausübung des Berufs dienen. Nicht vom Begriff der Berufsausübungsgesellschaft im Sinne des § 59b Abs. 1 BRAO sind nach der Gesetzesbegründung Gesellschaften erfasst, die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu anderen Zwecken als zur Ausübung des Berufs, etwa zur Unterhaltung einer Bürogemeinschaft, eingehen.

Die Legaldefinition einer Bürogemeinschaft findet sich in § 59q Abs. 1 BRAO-Neu. Die Bürogemeinschaft dient danach der gemeinschaftlichen Organisation der Berufstätigkeit der Gesellschafter unter gemeinschaftlicher Nutzung von Betriebsmitteln, sie tritt jedoch nicht selbst als Vertragspartner von rechtsanwaltlichen Mandatsverträgen auf. Ob eine Berufsausübungsgesellschaft oder Bürogemeinschaft vorliegt, ist im Zweifel direkt mit dem Versicherer zu klären.

Noch nicht geklärt ist, ob Außensozietäten verpflichtet sind, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, wenn im Innenverhältnis eine reine Bürogemeinschaft vorliegt.

Die BRAK wird voraussichtlich Anfang April 2022 zum Thema Berufshaftpflichtversicherung für Berufsausübungsgesellschaften ausführliche FAQ veröffentlichen. Hierüber wird Sie die RAK München in einem gesonderten Newsletter informieren.