Im November 2021 fand im Bundesfinanzministerium in Berlin im Rahmen der FATF-Deutschlandprüfung der On-Site-Visit der FATF-Prüfer statt, an dem auch die Rechtsanwaltskammer München teilgenommen hat.
Die Financial Action Task Force (FATF) ist ein bei der OECD angesiedeltes, im Jahr 1989 gegründetes internationales Gremium zur Bekämpfung und Verhinderung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Proliferationsfinanzierung. In diesem Bereich hat sie internationale Standards etabliert („International Standards of Combating Money Laundering and the Financing of Terrorism & Proliferation – The FATF Recommendations“). Sie umfasst gegenwärtig 35 Mitgliedsstaaten, die EU-Kommission sowie den Golf-Kooperationsrat. Die FATF fördert die weltweite Verbreitung dieser Standards und überprüft deren Umsetzung in den Mitgliedsstaaten.
Obwohl die von der FATF etablierten Standards als „Soft Law“ keine unmittelbare Rechtswirkung entfalten, wurden sie von über 170 Staaten für sich als verbindlich und bindend anerkannt. Die insgesamt 40 Empfehlungen setzen einheitliche Verhaltensregeln und Maßstäbe fest, die für den gesamten Finanzsektor sowie für alle beteiligten Personen und Berufsgruppen gelten. Sie werden regelmäßig auf der Grundlage der neuesten Erkenntnisse und Entwicklungen auf dem Gebiet der Geldwäsche-, Terrorismusfinanzierungs- und Proliferationsbekämpfung aktualisiert. Zuletzt wurde dabei ein verstärkter Fokus auf den risikobasierten Ansatz gelegt.
Alle Mitglieds- und Kooperationsstaaten werden in regelmäßigen Abständen im Rahmen sogenannter „Mutual Evaluations“ hinsichtlich der Einhaltung der vorgenannten Standards evaluiert. In Deutschland fand die letzte turnusmäßige Prüfung im Jahr 2009/2010 statt. Die dabei getroffenen Feststellungen boten Anlass für rund 40 Gesetzesänderungen.
Die diesmalige FATF-Deutschlandprüfung, die eigentlich bereits im Jahr 2020 beginnen sollte, musste aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie zunächst mehrfach verschoben werden.
Der Schwerpunkt der Länderprüfung liegt u. a. auf dem Nachweis der Effektivität der Bekämpfung der Geldwäsche, insbesondere auch im Nicht-Finanzsektor. Gegenstand der Prüfung ist dabei die Frage, inwiefern ein Staat eine effektive Gesetzeslage zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung geschaffen hat und mit welchem Ergebnis diese Gesetze innerstaatlich umgesetzt werden. Anders als bei der von der Rechtsanwaltskammer jährlich durchzuführenden Routineprüfung, welche die Einhaltung der Vorschriften des GwG durch die Rechtsanwälte zum Gegenstand hat, stehen im Rahmen der FATF-Prüfung die Regierung sowie die Aufsichts-, Strafverfolgungs- und Justizbehörden im Fokus.
Die enorme Relevanz der Prüfung ergibt sich aus der Tatsache, dass die Ergebnisse das politische Ansehen der Bundesrepublik Deutschland, vor allem aber die internationalen Wirtschaftsbeziehungen hier ansässiger Unternehmen direkt beeinflussen.
Geprüft wird dabei einerseits die Übereinstimmung der staatlichen Rahmenbedingungen mit den FATF-Empfehlungen, beispielsweise die Gesetzeslage, die Einrichtung der zuständigen Institutionen sowie die zur Verfügung stehenden Mittel zur Durchsetzung der nationalen Gesetze. Diese sogenannte „Technical Compliance“ wird sodann zur Grundlage der „Effectiveness“-Prüfung. Dabei wird die Effektivität der vorhandenen Rahmenbedingungen daraufhin geprüft, ob die nationalen Vorschriften effektiv angewendet und die von der FATF vorgegebenen Ziele erreicht werden.
Im Rahmen der Prüfung wurden zunächst umfassende schriftliche Stellungnahmen und Berichte sowohl der einzelnen Ministerien als auch der untergeordneten Behörden und Gerichte eingereicht. Im November wurden sodann Regierungs- und Behördenvertreter aus ganz Deutschland ins Bundesfinanzministerium geladen, um Repräsentanten der FATF im Rahmen von Interviews Antworten zu einzelnen Fragen aus dem Bereich der Prävention und Repression der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu geben.
Für den Bereich der rechtberatenden Berufe waren hierbei neben der Rechtsanwaltskammer Hamburg und der Bundesrechtsanwaltskammer auch Vertreter der Rechtsanwaltskammer München als der bundesweit mitgliederstärksten Kammer geladen. Im Rahmen eines etwa dreistündigen Interviews haben diese umfassend Fragen zum Risikoverständnis im Bereich der Geldwäsche, zur praktischen Durchführung der Prüfung sowie zu verhängten Sanktionen beantwortet. Das Interview fand in englischer Sprache statt, wobei das BMF Simultandolmetscher zur Verfügung gestellt hat.
In den kommenden Monaten wird sich die Bundesregierung sowie das BMF mit der FATF im Rahmen von vertraulichen Erörterungen über den zu erstellenden Bericht beraten. Das Ergebnis der FATF-Deutschlandprüfung wird im Sommer 2022 erwartet.
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