Zur Erfüllung des Kriteriums der Vertretungsbefugnis nach außen gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 4 BRAO ist es nicht erforderlich, dass dem Syndikusrechtsanwalt eine umfassende Alleinvertretungsbefugnis eingeräumt wird.
Mit Beschluss vom 14.01.2019 (Az. AnwZ (Brfg) 29/17) sowie mit Urteil vom 14.01.2019 (Az. AnwZ (Brfg) 25/18) hat der BGH entschieden, dass es für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht erforderlich ist, diesem eine umfassende Alleinvertretungsbefugnis einzuräumen. Die Vertretungsbefugnis nach außen sollte zwar ursprünglich nach dem Entwurf des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte eine Zulassungsvoraussetzung darstellen. Dieses Erfordernis wurde jedoch letztlich nicht in die gesetzliche Regelung des § 46 BRAO übernommen. Vielmehr enthält § 46 Abs. 3 Nr. 4 BRAO nunmehr die Regelung, dass das Arbeitsverhältnis von der Befugnis geprägt ist, nach außen verantwortlich aufzutreten. Hierdurch sollte klargestellt werden, dass insbesondere die Erteilung einer Prokura oder Handlungsvollmacht i. S. d. §§ 48 ff. HGB keine Voraussetzung für das Vorliegen einer anwaltlichen Tätigkeit ist. Zudem sah der BGH in der Forderung nach einer Alleinvertretungsbefugnis eine Einschränkung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auf einen sehr begrenzten Personenkreis. Der Senat berücksichtigte insoweit, dass es in Unternehmen aus Compliance-Gründen bzw. zur Wahrung des sog. Vier-Augen-Prinzips nicht unüblich ist, eine zweite Unterschrift im Außenverhältnis vorzusehen.
Ferner ist der BGH in dem Beschluss vom 14.01.2019 (Az. AnwZ (Brfg) 29/17) auf die Frage eingegangen, ob Einschränkungen durch den Arbeitgeber auf die Entscheidungsbefugnis der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entgegenstehen. Im konkreten Fall war die alleinige Entscheidungsbefugnis der betroffenen Syndikusrechtsanwältin auf Angelegenheiten bis zu einem Betrag in Höhe von 50.000 € beschränkt. Bei Überschreitung dieses Betrages musste die Weisung der Abteilungsleiterin eingeholt werden. Dies sei in etwa 20 % bis 30 % der Fälle erforderlich. Der BGH hat hierzu nochmals bekräftigt, dass die in § 46 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 BRAO genannten, fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübenden Tätigkeiten, quantitativ und qualitativ den Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses darstellen müssen. Der in diesem Fall verbleibende Anteil von etwa 70 % bis 80 % der insgesamt geleisteten Arbeit reiche insoweit regelmäßig für die Annahme einer Prägung des Arbeitsverhältnisses aus. Eine strikte Grenze bezüglich eines zulässigen Anteils nichtanwaltlich geprägter Tätigkeiten hat der BGH erneut nicht aufgestellt.
In dem Beschluss wurde zudem das Erfordernis der fachlichen Unabhängigkeit der Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt näher erläutert. Die fachliche Unabhängigkeit war hier von der Klägerin in Zweifel gezogen worden, da die betroffene Syndikusrechtsanwältin, als Angestellte bei einer Versicherung, den einschlägigen Versicherungsbedingungen, den Bestimmungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes zur Geschäftsorganisation von Versicherungsunternehmen, den auf dieser gesetzlichen Grundlage erlassenen aufsichtsbehördlichen Anordnungen und deren Umsetzung durch den Arbeitgeber unterliege. Der BGH hatte hierzu klargestellt, dass Regeln, die keine Weisungen innerhalb des Arbeitsverhältnisses sind, und an die auch der Arbeitgeber gebunden ist, die fachliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts nicht berühren.
Im Urteil vom 14.01.2019 (Az. AnwZ (Brfg) 25/18) hat der BGH zudem erneut bekräftigt, dass eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst mit der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt grundsätzlich vereinbar ist und insoweit die Entscheidungen vom 15.10.2018, Az. AnwZ (Brfg) 68/17 und Az. AnwZ (Brfg) 20/18, gestärkt. Eine abschließende Entscheidung, in welchen Fallkonstellationen die Tätigkeit eines Syndikusrechtsanwalts für einen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber im Einzelfall unzulässig sein kann, traf der BGH nicht. Maßgeblich ist insoweit die jeweils konkret ausgeübte Tätigkeit.