Syndikusrechtsanwalt im öffentlichen Dienst

Rechtsanwältin Claudia Krafft, LL.M., stv. Geschäftsführerin der RAK München

Der Bundesgerichtshof hat sich in letzter Zeit mehrfach zu der Frage geäußert, ob die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auch für ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst erfolgen kann (BGH, Urteil vom 15.10.2018, Az. AnwZ (Brfg) 20/18; BGH, Urteil vom 15.10.2018, Az. AnwZ (Brfg) 68/17; BGH, Beschluss vom 13.11.2018, AnwZ (Brfg) 35/18). Nach Ansicht des BGH ist die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt grundsätzlich auch für ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst möglich.

Gemäß § 7 Nr. 8 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn die antragstellende Person eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege, nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH schützen das Zulassungshindernis des § 7 Nr. 8 BRAO und der gleichlautende Widerrufsgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO das Erscheinungsbild einer von staatlichen Einflüssen freien Advokatur, indem die beruflichen Sphären der Anwaltschaft und des öffentlichen Dienstes deutlich getrennt werden. Der Rechtsanwalt soll als unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten frei sein von Abhängigkeiten jeglicher Art. Hierzu gehört auch die Unabhängigkeit vom Staat (siehe nur BGH, Beschluss vom 10.10.2011, Az. AnwZ (B) 49/10; BGH, Beschluss vom 22.09.2017, Az. AnwZ (Brfg) 51/16). Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist aber nicht jede Anstellung im öffentlichen Dienst unvereinbar. Eine Unvereinbarkeit kann nur dann angenommen werden, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass aus Sicht des rechtsuchenden Publikums die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts durch Bindungen an den Staat beeinträchtigt ist. Die Belange der Rechtspflege sind z. B.  dann gefährdet, wenn bei den Rechtsuchenden die Vorstellung entstehen kann, der Rechtsanwalt könne wegen seiner „Staatsnähe“ mehr für seine Mandanten bewirken als andere Rechtsanwälte. Ob derartige Gefahren bestehen, ist anhand der konkreten Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses und der ausgeübten Tätigkeit zu prüfen. Eine Gefährdung der Belange der Rechtspflege kann insbesondere dann zu bejahen sein, wenn der Rechtsanwalt in seinem Zweitberuf hoheitlich tätig wird (siehe nur BGH, Beschluss vom 10.10.2011, Az. AnwZ (B) 49/10; BGH, Beschluss vom 22.09.2017, Az. AnwZ (Brfg) 51/16).

Nach Ansicht des BGH gilt der Zulassungsversagungsgrund des § 7 Nr. 8 BRAO gemäß § 46a Abs. 1 Nr. 2 BRAO auch für die Beantragung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Jedoch können für die Beurteilung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entgegenstehen kann, die Grundsätze der Rechtsprechung des Anwaltssenats zu einem mit dem Beruf des Rechtsanwalts nicht zu vereinbarenden Zweitberuf nach § 7 Nr. 8 BRAO nicht uneingeschränkt übertragen werden (so BGH, Urteil vom 15.10.2018, Az. AnwZ (Brfg) 20/18, Rn. 37ff):

Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Syndikusrechtsanwalt gemäß § 46 Abs. 1 S.1, Abs. 5 BRAO im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses allein für seinen Arbeitgeber in dessen Rechtsangelegenheiten anwaltlich tätig ist. Daraus folge zum einen, dass sich die Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts nicht von seinem Arbeitsverhältnis trennen lasse und es deshalb bei dieser Tätigkeit – anders als in den Fällen, in denen neben dem Beruf als Rechtsanwalt eine weitere Tätigkeit ausgeübt wird – nicht um die Frage eines zulässigen Zweitberufs gehe. Zum anderen könne im Fall eines im öffentlichen Dienst tätigen Syndikusrechtsanwalts bei den Rechtsuchenden nicht die Vorstellung entstehen, dieser könne wegen seiner „Staatsnähe“ mehr für seine Mandanten bewirken als andere Rechtsanwälte. Der Syndikusrechtsanwalt habe nur einen einzigen Mandanten, nämlich seinen Arbeitgeber. Auf diesen sei gemäß § 46 Abs. 5 S. 1 BRAO die Beratungs- und Vertretungsbefugnis des Syndikusrechtsanwalts beschränkt. Dies sei auch für die Öffentlichkeit und den Rechtsverkehr ohne weiteres ersichtlich, da der Syndikusrechtsanwalt verpflichtet ist, seine anwaltliche Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)“ auszuüben. Trete ein im öffentlichen Dienst beschäftigter Syndikusrechtsanwalt – z. B. bei Vertragsverhandlungen oder im Rahmen einer Prozessvertretung – für seinen Arbeitgeber auf, werde er als dessen Repräsentant wahrgenommen. Daher könnten auch keine Zweifel darüber aufkommen, dass der Syndikusrechtsanwalt ausschließlich seinen Arbeitgeber vertrete und zu diesem – wirtschaftlich gesehen – in einem Abhängigkeitsverhältnis stehe.

Nach Auffassung des BGH ist daher im Hinblick auf die oben genannten Besonderheiten der Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts grundsätzlich ein großzügigerer Maßstab bei der Beurteilung, ob im Einzelfall eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entgegensteht, anzulegen.