Fortbildungsmöglichkeiten nach § 15 FAO

„Einmal Fachanwalt – immer Fachanwalt“? Diese Formel gilt nicht!
TEXT: RAin Simone Kolb, Stv. Geschäftsführerin der RAK München

Zum Erhalt der einmal erworbenen Fachanwaltsbezeichnung ist nach § 15 FAO die kalenderjährliche Fortbildung im Umfang von mindestens 15 Zeitstunden auf dem jeweiligen Fachgebiet erforderlich. Diese Verpflichtung dient – im Interesse des rechtsuchenden Publikums – der Erhaltung des besonders hohen Qualitätsstandards, der zum Zeitpunkt der Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung vorhanden und nachgewiesen sein muss.

Bei sorgfältiger Lektüre von § 15 FAO ist festzustellen, dass insgesamt fünf verschiedene Möglichkeiten bestehen, die Fortbildungsverpflichtung zu erfüllen: Dies kann zum einen die hörende oder dozierende Teilnahme an fachspezifischen, der Aus- oder Fortbildung dienenden Veranstaltungen sein. Zum anderen ist es möglich, auf dem Fachgebiet wissenschaftlich zu publizieren oder an einem entsprechenden Online-Seminar teilzunehmen. Schließlich können bis zu fünf Stunden der Fortbildungsverpflichtung durch ein Selbststudium mit anschließender Lernerfolgskontrolle erfüllt werden.

Der Klassiker

Hörende Teilnahme an fachspezifischen der Aus- und Fortbildung dienenden Veranstaltungen, § 15 Abs. 1 S. 1 und 2 FAO

Die wohl häufigste Form der Fortbildung ist der Besuch von Fortbildungsveranstaltungen. § 15 Abs. 1 Satz 2 FAO setzt voraus, dass es sich bei der besuchten Veranstaltung um eine anwaltsorientierte oder interdisziplinäre, fachspezifische, der Aus- und Fortbildung dienende Veranstaltung handeln muss. Die Fortbildungsveranstaltung muss einen Fachbezug zu der jeweiligen Fachanwaltsbezeichnung aufweisen. Hierbei bieten die §§ 8 ff. FAO und die darin für die jeweiligen Fachanwaltsbezeichnungen aufgeführten Gebiete eine Orientierung. Nicht anerkennungsfähig sind Fortbildungen, die zwar für die Anwaltstätigkeit nützlich sind, die aber als solche keinen Fachbezug zu einer Fachanwaltschaft aufweisen. Veranstaltungen mit allgemeinen Inhalten zum Kanzleimanagement, zur Kommunikation, Mediation, beA in der Anwaltspraxis etc. können somit nicht anerkannt werden. Hintergrund für diese Vorgabe ist, dass der Fachanwalt die durch die Fachanwaltsbezeichnung nachgewiesenen, bereits vorhandenen überdurchschnittlichen theoretischen Kenntnisse auf dem Fachgebiet kontinuierlich ausbauen und vertiefen soll. Allgemeine Fortbildungsveranstaltungen hingegen sind für alle Rechtsanwälte – egal ob Fachanwalt oder nicht – nützlich und werden daher auch der allgemeinen Fortbildungspflicht für alle Rechtsanwälte in § 43a Abs. 6 BRAO zugeordnet.

Seit einiger Zeit sind nun auch interdisziplinäre Veranstaltungen als Fachanwaltsfortbildung im Sinne von § 15 FAO anerkennungsfähig, sofern sich diese zumindest auch an die Anwaltschaft richten und unmittelbar die anwaltliche Tätigkeit betreffen. Dies können auch nichtjuristische Veranstaltungen sein, die zwar einen Bezug zum Fachgebiet aufweisen, aber z.B. von Medizinern, Psychologen, Architekten etc. geleitet werden. Diese Veranstaltungen müssen in jedem Fall ein dem Fachanwalt angemessenes Niveau aufweisen. Ein Volkshochschulkurs genügt diesen Anforderungen selbstverständlich nicht.

Voraussetzung für die Anerkennung ist immer die Vorlage einer Teilnahmebestätigung. Nachweise über die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen müssen den Veranstalter, das Thema, den oder die Dozenten, das Datum, den Ort und die Dauer (ohne Pausenzeiten) der Veranstaltung bezeichnen. Eine Anmeldebestätigung reicht nicht als Nachweis i.S.v. § 15 FAO aus.

Für Fortgeschrittene

Dozierende Teilnahme an fachspezifischen der Aus- und Fortbildung dienenden Veranstaltungen, § 15 Abs. 1 S. 1 und 3 FAO

Als Fortbildung im Sinne des § 15 FAO werden auch Veranstaltungen anerkannt, die der Fachanwalt selbst gehalten hat, sofern die Veranstaltung fachspezifisch ist und der Aus- oder Fortbildung dient. Anders als im Rahmen der hörenden Teilnahme an einer Veranstaltung ist bei der Dozententätigkeit eine anwaltsorientierte oder interdisziplinäre Veranstaltung nicht Voraussetzung für die Erfüllung der Fortbildungspflicht. Hintergrund hierfür ist, dass ein Vortrag in aller Regel ein erhebliches Maß an thematischer und didaktischer Vorbereitung und eine vertiefte Befassung mit der behandelten Materie erfordert. Somit können auch Dozententätigkeiten vor einem nichtjuristischen Publikum als Fortbildung anerkannt werden, soweit die Veranstaltung der Aus- oder Fortbildung des Publikums dient, wie dies etwa bei der Schulung von Behördenmitarbeitern oder Betriebsräten der Fall ist. Nicht anerkennungsfähig sind jedoch Mandantenseminare, die der Bindung vorhandener oder der Akquise neuer Mandanten dienen.

Keine Erleichterung gibt es bei Vortragstätigkeiten im Hinblick auf die Inhalte des Vortrags und den Nachweis: Wie auch bei dem Besuch einer Veranstaltung, muss der Vortrag sich inhaltlich klar erkennbar auf das Fachgebiet beziehen. Zudem muss eine Dozentenbescheinigung vorgelegt werden, aus der die Eckdaten der Veranstaltung - das Thema, der Dozent, das Datum, der Ort und die Dauer (ohne Pausenzeiten) der Veranstaltung - hervorgehen. Die Zusage eines Fachanwalts an einen Veranstalter, dass er einen Vortrag halten wird, genügt nicht, da die Bescheinigung auch bestätigen muss, dass der Vortrag gehalten wurde. Dies ist erst nach dem Halten des Vortrags möglich.

Seit kurzem ist es möglich, bei Dozententätigkeiten gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 FAO die Vorbereitungszeit angemessen zu berücksichtigen. In der Regel kann das Zwei- bis Dreifache der Vortragszeit als Vorbereitungszeit anerkannt werden. Voraussetzung für die Anerkennung ist, wie bei allen anderen Fortbildungsoptionen des § 15 FAO, ein Nachweis. Ein solcher Nachweis kann beispielsweise die Erstellung eines Skripts oder einer PowerPoint-Präsentation sein. Grundsätzlich kann der entsprechende Nachweis auch geführt werden, wenn eine Dozentenbestätigung samt Inhaltsverzeichnis des Vortrags und/oder Handout vorgelegt wird. Da die Vortragszeit nur individuell berechnet werden kann, ist für eine Anerkennung auch eine Angabe zum zeitlichen Umfang der Vorbereitungszeit erforderlich.

Für Experten

Wissenschaftliche Publikationen auf dem Fachgebiet, § 15 Abs. 1 S. 1 FAO

Seiner Fortbildungsverpflichtung nach § 15 FAO kann auch derjenige nachkommen, der Artikel verfasst, die in einer Zeitschrift veröffentlicht werden oder der an einem Fachbuch als Autor mitwirkt. Für die Anerkennung einer wissenschaftlichen Publikation als Fortbildungsnachweis ist in qualitativer Hinsicht ein gewisses anwaltliches Niveau vorauszusetzen. Insbesondere darf nicht nur Basiswissen vermittelt werden. Die bereits vorhandenen Kenntnisse sollen bei den Lesern ausgebaut, vertieft und aktualisiert werden.

Anerkennungsfähig sind daher Beiträge in Fachbüchern, Kommentaren und juristischen Fachzeitschriften. Urteilsanmerkungen und Buchbesprechungen setzen die intensive Befassung mit der behandelten Materie voraus, sollten für eine Anerkennung als wissenschaftliche Publikation aber einen gewissen Umfang erreichen und in Aufsatzform gehalten sein. Nicht anerkennungsfähig sind Leserbriefe.

Ein auf der eigenen Kanzlei-Homepage veröffentlichter Fachbeitrag ist nach einem Urteil des BGH vom 20.06.2016 (AnwZ (Brfg) 10/15) keine wissenschaftliche Publikation, mit der ein Fachanwalt seine Fortbildungspflicht erfüllen kann. Ein Artikel auf der Homepage ist zwar für die Öffentlichkeit zugänglich, er ist jedoch nicht nachhaltig verfügbar, da es im freien Belieben des Inhabers steht, den Artikel zu verändern, ohne dies zu dokumentieren oder diesen ganz zu entfernen.

Notwendig ist hier der fachliche Bezug der Publikation zur jeweiligen Fachanwaltsbezeichnung. Die Publikation muss ein Thema behandeln, das aus dem Fachgebiet stammt, für das die Fachanwaltsbezeichnung geführt wird.

Als Nachweis ist für diese Art der Fortbildung eine Kopie der Publikation oder ein Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis eines Buches oder Kommentars erforderlich. Auch hier sollten Sie der Kammer, zusammen mit dem Nachweis, eine Angabe übermitteln, wie viel Zeit Sie für das Verfassen der wissenschaftlichen Publikation aufgewendet haben.

Für Moderne

Online-Seminare § 15 Abs. 2 FAO

Nach § 15 Abs. 2 FAO ist schon seit geraumer Zeit auch Fortbildung durch Teilnahme an Seminaren möglich, die nicht in Präsenzform durchgeführt werden. Es muss jedoch  die Möglichkeit der Interaktion des Referenten mit den Teilnehmern sowie der Teilnehmer untereinander (z.B. per Live-Chat) während der Dauer der Fortbildungsveranstaltung sichergestellt sein und der Nachweis der durchgängigen Teilnahme erbracht werden. Hiermit sind die seit einigen Jahren etablierten Formen von online abgehaltenen bzw. angebotenen Seminaren, etwa unter der Bezeichnung „Webinar“, gemeint. Nicht anerkennungsfähig in diesem Sinne sind Online-Vorträge, die jederzeit abrufbar sind. Diese Art von Online-Fortbildung bietet keine Möglichkeit, mit dem Referenten oder anderen Teilnehmern während des Vortrags in Kontakt zu treten.

Alle weiteren Voraussetzungen entsprechen den Vorgaben für eine hörende Teilnahme an einer Veranstaltung, die oben bereits erläutert wurden.

Der Nachweis wird bei Online-Seminaren durch die Vorlage einer Teilnahmebestätigung des Veranstalters erbracht. Achten Sie darauf, dass aus der Bestätigung hervorgehen muss, dass eine Interaktion mit dem Referenten und den Teilnehmern möglich war und wie die durchgängige Teilnahme sichergestellt wurde.

Für Schnelle

Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle, § 15 Abs. 4, Abs. 5 S. 2 FAO

Seit dem 01.01.2015 besteht schließlich die Möglichkeit, bis zu fünf Stunden der Fortbildungspflicht im Zuge eines Selbststudiums mit Lernerfolgskontrolle zu erbringen. Selbststudium bedeutet in erster Linie die Lektüre von wissenschaftlichen Beiträgen aller Art, insbesondere aber von Aufsätzen in juristischen Fachzeitschriften, in denen aktuelle und fortbildungsrelevante Rechtsprechung, Gesetzgebungs- und Praxishinweise enthalten sind. Die reine Lektüre ist hierbei jedoch genauso wenig ausreichend wie die anwaltliche Versicherung des Selbststudiums oder die Vorlage von Skripten. Vielmehr setzt die Anerkennungsfähigkeit des Selbststudiums das Absolvieren einer Lernerfolgskontrolle (z.B. im Multiple-Choice-Modus) voraus, die als objektivierende Rückmeldung über den Lernfortschritt und -erfolg Auskunft gibt.

Als Nachweis ist eine Bestätigung des Anbieters mit allen notwendigen Angaben zu dem wissenschaftlichen Beitrag nebst Zeitangabe erforderlich. Die Lernerfolgskontrolle muss nach § 15 Abs. 5 S. 2 FAO dieser Bestätigung als weiterer Nachweis beigelegt werden.