Gesetzesänderungen zum 01.10.2021

Zum 01.10.2021 gibt es einige Änderungen, die in Kraft treten. Hier eine Übersicht:

Das „neue“ Erfolgshonorar

Von Katrin Beyer, Referentin RAK München

Zum 01.10.2021 tritt die Neuregelung des § 4a RVG zum Erfolgshonorar in Kraft und schafft drei Fallgruppen, in denen künftig, abweichend vom grundsätzlichen Verbot des § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO, ein Erfolgshonorar vereinbart werden darf. 

1. Geldforderung in Höhe von maximal EUR 2.000 

Gem. § 4a Abs. 1 S.1 Nr. 1 RVG darf künftig ein Erfolgshonorar vereinbart werden, wenn sich der Auftrag auf eine Geldforderung von höchstens EUR 2.000 bezieht. Sinn und Zweck dieser Regelung besteht darin, Verbraucherinnen und Verbrauchern bei der Durchsetzung geringwertiger Ansprüche zu unterstützen, denn oftmals sind Rechtssuchende bei geringen Streitwerten nicht bereit, ihre Ansprüche durch einen Rechtsanwalt durchsetzen zu lassen, da das Kostenrisiko schlicht viel zu hoch ist. Im Fall des Unterliegens wären sodann die eigenen und gegnerischen Rechtsanwalts- sowie Gerichtskosten zu tragen. Betrachtet man das Verhältnis von Gegenstandswert und Kosten des Rechtsstreits, so erscheint erst ab einem durchschnittlichen Streitwert von EUR 2.000 das Verhältnis von Kosten und Nutzen für den Anspruchsteller ausgewogen.

Im Ergebnis soll mit dieser Neuregelung vor allem den Anspruchstellern mit geringem Einkommen der Zugang zum Recht erleichtert werden.

Auch für die Anwaltschaft besteht im Rahmen der Vereinbarung von Erfolgshonoraren durch die höhenmäßige Beschränkung eine Erleichterung dahingehend, dass diese ohne erhöhten Prüfungs- und Begründungsaufwand geschlossen werden können.

2. Inkassodienstleistung

Ein Erfolgshonorar darf gem. § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 RVG vereinbart werden, wenn die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt Inkassodienstleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 RDG außergerichtlich oder in einem in § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO genannten Verfahren erbringt.

Damit sollen Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen im selben Umfang wie registrierte Inkassodienstleister ein Erfolgshonorar vereinbaren dürfen und können somit auf gleicher Basis eine Forderungseinziehung anbieten.

Dabei ist das Auftreten der Rechtsanwältin und des Rechtsanwalts als Prozessbevollmächtigter im streitigen Verfahren nicht von der Erfolgshonorarvereinbarung dieser Fallgruppe umfasst. Vielmehr sind inkassodienstleistungserbringende Personen gem. § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO lediglich im Mahnverfahren bis zur Abgabe an das Streitgericht und im Zwangsvollstreckungsverfahren wegen Geldforderungen als Bevollmächtigte vertretungsbefugt.

3. Erfolgshonorarvereinbarungen unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen

Gem. § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 RVG darf ein Erfolgshonorar auch vereinbart werden, wenn im Einzelfall bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars der Auftraggeber von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.

Hiernach soll nicht die wirtschaftliche Situation des Rechtsuchenden entscheidend dafür sein, ob dieser ohne Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten werde, vielmehr soll maßgeblich sein, ob rational denkende Rechtsuchende ohne Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würden.

Eine Erfolgshonorarvereinbarung gem. § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 RVG muss gem. § 4a Abs. 3 Nr. 4 RVG zusätzlich zu den für alle drei Fallgruppen geltenden inhaltlichen Erfordernissen auch die voraussichtliche gesetzliche Vergütung und gegebenenfalls die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen, enthalten. Zu beachten ist insoweit auch die Regelung des § 4a Abs. 2 RVG wonach im Fall des Misserfolgs keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist und für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag zu den gesetzlichen Gebühren zu vereinbaren ist. 

Fazit:

Die Anwaltschaft steht vor einer neuen Herausforderung, denn wer eine der neuen Fallgruppen nutzen möchte, muss das Erfolgshonorar sodann betriebswirtschaftlich kalkulieren.


Änderung im automatisierten Mahnverfahren

Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt am 10.06.2021 will der Bundestag mehr Chancengleichheit zwischen Legal Tech-Anbietern und der Anwaltschaft schaffen. Mit dem Gesetz, das am 01.10.2021 in Kraft tritt, wird für die Anwaltschaft ein Erfolgshonorar im Inkassobereich und damit auch die Finanzierung von Verfahren im außergerichtlichen Inkasso sowie im gerichtlichen Mahnverfahren zulässig . 

Damit verbunden ist auch eine Änderung des Online-Mahnantrages. Diese wird derzeit durch die Koordinierungsstelle für das automatisierte Mahnverfahren, die bei dem Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg angesiedelt ist, vorbereitet. Fortan muss im automatisierten Mahnverfahren die Möglichkeit abgebildet werden, auch im Mahnverfahren niedrigere Gebühren als die gesetzliche Vergütung nach dem RVG zu vereinbaren oder sogar ganz auf die Vergütung zu verzichten. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zum 01.10.2021 werden auch die entsprechenden Angaben im Online-Mahnantrag abgefragt. 

Mit der Umstellung des Online-Mahnantrags verbunden sind Änderungen an der Schnittstelle für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die zur Erstellung eines nur maschinell lesbaren Datenformats eine Branchensoftware oder eine selbstprogrammierte Schnittstelle nutzen. In der bisherigen Schnittstelle kann die neue Wahlmöglichkeit nicht abgebildet werden. Mit dem Stichtag müssen daher die Antragsdaten im neuen Format angeliefert werden; Daten im bisherigen Format können dann zu fehlerhaften Ergebnissen führen. Damit dieser Fall nicht eintritt, ist es erforderlich, ab dem 01.10.2021 die Software über die neue Schnittstelle zu nutzen. 

Die Koordinierungsstelle für das automatisierte Mahnverfahren hat die Hersteller von Kanzlei-Software bereits informiert. Darüber hinaus wird Nutzerinnen und Nutzern einer entsprechenden Kanzlei-Software empfohlen, sich mit den Herstellern ihrer Produkte in Verbindung zu setzen, um die Aktualisierung der verwendeten Software abzustimmen. Nutzerinnen und Nutzer von selbstprogrammierter Software können die Änderungen unter poststelle@jum.bwl.de erfragen.


Legal Tech-Gesetz

BRAK-Newsletter "Nachrichten aus Berlin" Ausgabe 17/2021 vom 25.08.2021

Das Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt tritt zum 01.10.2021 in Kraft. Nachdem das auch als „Legal Tech-Gesetz“ bezeichnete und im Gesetzgebungsverfahren stark umstrittene Gesetz Ende Juni, kurz vor der parlamentarischen Sommerpause, noch vom Bundestag verabschiedet und vom Bundesrat gebilligt worden war, wurde es am 17.08.2021 im Bundesgesetzblatt verkündet und kann daher, wie in Art. 9 des Gesetzes vorgesehen, am 01.10.2021 in Kraft treten. Das Gesetz sieht u. a. vor, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte künftig bei Geldforderungen bis zu EUR 2.000 gegen Erfolgshonorar tätig werden dürfen; zudem regelt es Voraussetzungen für die Registrierung und für Vergütungsvereinbarungen sowie Informationspflichten für Inkassodienstleister. Es enthält dazu Änderungen der BRAO, des RDG, des RVG sowie weiterer Gesetze.

Die BRAK hatte das Gesetzesvorhaben unter anderem deshalb kritisiert, weil damit die Rechtsdurchsetzung für Verbraucher im Ergebnis teurer und der Zugang zum Recht durch Legal Tech-Inkassodienstleister faktisch auf wirtschaftlich für diese attraktiven Fälle beschränkt wird. Kritisch sieht sie weiterhin, dass durch die eingeschränkte Öffnung des Erfolgshonorars die Unabhängigkeit der Anwaltschaft sowie das System der Kostenerstattung und der Prozesskostenhilfe beeinträchtigt wird. Sie mahnt eine Evaluation insbesondere der Regelungen zum Erfolgshonorar an.