Bereits am 01.08.2021 traten im Rahmen der großen BRAO-Reform erste Änderungen in Kraft, insbesondere wurden die Regelungen zur Anzeige einer Vertretung wesentlich erleichtert.
Im Folgenden werden die Änderungen näher erläutert, die die Anwaltschaft unmittelbar betreffen.
Weiterführung der Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ nur mit dem Zusatz „im Ruhestand“ möglich, § 17 Abs. 2 BRAO n.F.
Gemäß § 17 Abs. 2 BRAO n.F. kann die Rechtsanwaltskammer einem Rechtsanwalt, der wegen hohen Alters oder aus gesundheitlichen Gründen auf die Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichtet, die Erlaubnis erteilen, seine Berufsbezeichnung mit dem Zusatz „im Ruhestand“ weiterzuführen, der auch „i. R.“ abgekürzt werden kann.
Ab dem 01.08.2021 ist der Zusatz „im Ruhestand“ nicht wie bisher optional, sondern verpflichtend.
Die Weiterführung der Berufsbezeichnung kann im Rahmen der Verzichtserklärung bei der Rechtsanwaltskammer beantragt werden.
Umfassende Einräumung von beA-Rechten für den Zustellungsbevollmächtigten, § 30 Abs. 1 BRAO n.F.
Kolleginnen und Kollegen, welche von der Kanzleipflicht befreit sind, benötigen gem. § 30 BRAO einen Zustellungsbevollmächtigten. Dieser muss nicht selbst zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein, jedoch im Inland wohnen oder einen Geschäftsraum haben.
Gem. § 30 Abs. 1 Satz 2 und 3 BRAO n.F. wird nunmehr der Rechtsanwalt in die Pflicht genommen, seinem Zustellungsbevollmächtigten umfassende beA-Rechte einzuräumen, sodass dieser zumindest befugt ist, Posteingänge zur Kenntnis zu nehmen und elektronische Empfangsbekenntnisse abzugeben. Eine entsprechende Anleitung zur entsprechenden Vergabe von Rechten im beA finden Sie hier.
Aufgabe des Schriftformerfordernisses für die Verschwiegenheitsverpflichtung nach § 43a Abs. 2 Satz 4 BRAO n.F.
Eine Formerleichterung wird ab dem 01.08.2021 hinsichtlich der Verschwiegenheitsverpflichtung in Kraft treten. Während in § 43a Abs. 2 Satz 4 BRAO a.F. der Rechtsanwalt die von ihm beschäftigten Personen in schriftlicher Form zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren hatte, genügt nun die Textform.
Pflicht für Syndikusrechtsanwälte zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten im Verhinderungsfall, § 46c Abs. 6 BRAO n.F.
Nach § 46c Abs. 6 Satz 1 BRAO n.F. hat der Syndikusrechtsanwalt einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, wenn er länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben. Durch den Verweis auf § 30 BRAO n.F. wird der Syndikusrechtsanwalt zudem verpflichtet, seinem Zustellungsbevollmächtigten umfassende beA-Rechte einzuräumen, vgl. Ausführungen unter § 30 BRAO n.F. Die Benennung hat rein privatrechtlichen Charakter, eine Anzeige des Zustellungsbevollmächtigten gegenüber der Rechtsanwaltskammer ist nicht erforderlich.
Neue Verpflichtungen und gleichzeitig Erleichterungen im Hinblick auf die Vertreterbestellung §§ 53, 54 BRAO n.F.
Ab dem 01.08.2021 entfällt die Anzeigepflicht der Vertreterbestellung gegenüber der Rechtsanwaltskammer. Die Pflicht zur Bestellung eines Vertreters im Falle eines Verhinderungsfalls (§ 53 Abs. 1 BRAO) besteht weiter fort. Diese ist nunmehr jedoch ausschließlich zwischen Vertreter und Vertretenem direkt zu organisieren. In der Folge muss der vertretene Rechtsanwalt seinem Vertreter auch selbst umfassende Zugriffsrechte i.S.v. § 54 Abs. 2 BRAO n.F. auf sein beA einräumen, sodass dieser zumindest befugt ist, Posteingänge zur Kenntnis zu nehmen und elektronische Empfangsbekenntnisse abzugeben. Eine entsprechende Anleitung zur Vergabe der beA-Rechte finden Sie hier.
Sollte ein Anwalt jedoch Personen einsetzen wollen, die selbst nicht zur Anwaltschaft zugelassen sind, aber die Befähigung zum Richteramt erworben (Assessorin/Assessor) oder mindestens zwölf Monate des Vorbereitungsdienstes nach § 5b des Deutschen Richtergesetzes absolviert haben, ist die Vertreterbestellung nach wie vor bei der Rechtsanwaltskammer zu beantragen, § 53 Abs. 3 Satz 2 BRAO n.F.
Die Pflicht zur Bestellung eines Vertreters besteht zukünftig erst bei einer Kanzleiabwesenheit von mehr als zwei Wochen, nicht wie bislang schon bei einer Woche. Ist der Rechtsanwalt hingegen vollständig an der Berufsausübung gehindert, ist eine Vertreterbestellung nach wie vor erforderlich, wenn dieser Zustand länger als eine Woche andauert, § 53 Abs. 1 Nr. 1 BRAO.
Im Hinblick auf diese Änderungen wird der Vertreter zukünftig auch nicht mehr im Bundesweiten Amtlichen Anwaltsverzeichnis angezeigt.
Mit der großen BRAO-Reform wird das anwaltliche Berufsrecht in vielen Bereichen umgestaltet. Die weiteren und weitreichenderen Änderungen treten jedoch erst zum 01.08.2022 in Kraft.