Die wichtigsten Änderungen im Kostenrechtsänderungsgesetz (KostRÄG)

TEXT: RA Florian Wolferstätter, Referent RAK München

Seit mehreren Jahren fordert die Anwaltschaft den Gesetzgeber auf, eine Anpassung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vorzunehmen. In dem nun vorliegenden Gesetzentwurf, der voraussichtlich zum 01.01.2021 in Kraft tritt, ist eine Erhöhung der Anwaltsvergütung sowie der Justizkosten um 10 % vorgesehen. Genauer sieht das „Kostenrechtsänderungsgesetz (KostRÄG) 2021“ eine Kombination aus strukturellen Verbesserungen sowie eine lineare Erhöhung im RVG vor.

Einige Änderungen im Detail:

Lineare Gebührenanpassung

Vorgesehen ist eine lineare Anpassung aller Wert-, Fest- und Betragsrahmengebühren um einheitlich 10 %. Durch Rundungen können sich geringfügige Abweichungen nach oben oder unten ergeben. Zudem geplant ist eine Anpassung der Anrechnungshöchstbeträge und Schwellenbeträge. 

Hierbei unverändert bleiben die Höchstbeträge bei Beratung (§ 34 Abs. 1 RVG), die Beratungshilfegebühr (Nr. 2500 VV RVG) sowie die allgemeine Mindestgebühr (§ 13 Abs. 2 RVG).

Gegenstandswerte

Der Verfahrenswert in Kindschaftssachen wird von derzeit EUR 3.000 auf EUR 4.000 angehoben. Bei Klagen auf Feststellung einer Mietminderung ist eine Reduzierung des Streitwertes vorgesehen. Durch eine Ergänzung des § 45 Abs. 5 Satz 1 GKG soll dies erwirkt werden. Künftig soll, wie in den Fällen der Mieterhöhung, der Jahresbetrag der Mietminderung als Höchstgrenze maßgeblich sein.

Strukturelle Änderungen

Neben den linearen Anpassungen enthält der Gesetzentwurf auch einige strukturelle Änderungen, die zu einer Verbesserung des Gebührenaufkommens führen sollen. Diese sehen u.a. wie folgt aus:

Allgemeine Regelungen

Anrechnung bei mehrfacher Geschäftsgebühr

Bislang regelte das RVG, dass sämtliche Geschäftsgebühren ohne Begrenzung gesondert auf die Verfahrensgebühr anzurechnen seien. Dies kann dazu führen, dass Anwälten wirtschaftlich keine Verfahrensgebühr verbleibt, da die Summe der anzurechnenden Beträge die Höhe der Verfahrensgebühr übersteigen kann. 

Durch eine Neuerung von § 15a Abs. 3 RVG-E ist künftig geregelt, dass der Anrechnungsbetrag mehrerer Gebühren auf den höchsten einschlägigen Gebührensatz aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile gedeckelt ist.

Einigungsgebühr bei Beratung

Bislang war nicht klar geregelt, ob bei einer Beratung nach § 34 Abs. 1 RVG auch Gebühren nach Teil 1 anfallen können. Mit einer Ergänzung der Vorb. 1 VV RVG wird nun klargestellt, dass dies möglich ist. So kann bei einer Beratung insbesondere eine Einigungs- und Erledigungsgebühr nach den Nrn. 1000, 1002 VV RVG anfallen.

Gerichtliche Verfahren

Streitverkündung

In der Praxis unklar war häufig, wie die anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Streitverkündung gebührenrechtlich zu bewerten ist. Mit § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1b RVG wird nun geregelt, dass die Einreichung der Streitverkündung zum Verfahren gehört und keine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit darstellt. 

Zudem soll mit der Regelung klargestellt werden, dass alle sonstigen anwaltlichen Tätigkeiten, die über die Einreichung der Streitverkündung hinausgehen, Gebühren auslösen können, beispielsweise Geschäfts- oder Verfahrensgebühren oder bei der Bemessung des Verfahrenswertes zu berücksichtigen sind. 

Terminsgebühr bei privatschriftlichem Vergleich 

Bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs fällt auch ohne Teilnahme an einem Termin oder einer Besprechung eine Terminsgebühr an. Ausreichend für die Terminsgebühr ist der Abschluss eines außergerichtlichen privatschriftlichen Vergleichs, ohne dass das Gericht beteiligt sein muss. Dies wird in den Nrn. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 1 sowie 3106 Anm. S. 1 Nr. 1 geregelt. 

Mehrvergleich im Sozial- und Verwaltungsrecht

Mit Nr. 3202 Nr. 2 VV RVG wird ergänzt, dass bei Einbeziehung nicht in einem Verfahren rechtsanhängiger Ansprüche, bei einem gerichtlichen Vergleich und dem Vorschlag eines Beschlusses, die Verfahrensdifferenzgebühr auch in den Fällen der Annahme eines Beschlussvorschlages entsteht. 

Straf- und Bußgeldsachen

Berücksichtigung von Pausenzeiten bei Terminsgebühr

Je nach Länge einer Hauptverhandlung kann der Pflichtverteidiger einen Zuschlag zur Terminsgebühr verdienen. Durch den neuen Absatz in Vorb. 4.1. und Vorb. 6.2.3. werden bei der Berechnung des Längenzugschlags die Pausenzeiten berücksichtigt. Wartezeiten und Unterbrechungen sind als Teilnahme zu berücksichtigen. Dies gilt jedoch nicht für die Wartezeiten und Unterbrechungen, die der Rechtsanwalt zu vertreten hat. 

Vorbemerkung 5 Abs. 1 VV RVG

Die Vorb. 5 Abs. 1 VV RVG soll an die Formulierung der Vorb. 4 Abs. 1 VV angeglichen werden. Die bisher erfolgte Vergütung für eine Einzeltätigkeit wurde dem tatsächlichen Tätigkeitsumfang und der Bedeutung des Zeugenbeistandes für den Zeugen und das Verfahren teilweise nicht gerecht, da sich die Tätigkeit eines Rechtsanwalts oft nicht auf die Dauer der Vernehmung beschränkt. Hingegen umfasst sie oftmals umfangreiche Beratungen, Akteneinsicht, Terminsvorbereitungen. BRAK und DAV haben daher eine Regelung gefordert, die einen Vergütungsanspruch über eine Einzeltätigkeit hinaus regelt.

Prozess und Verfahrenskostenhilfe

Kappungsgrenze

Die Kappungsgrenze, die in § 49 RVG geregelt ist, wird von EUR 30.000 auf EUR 50.000 angehoben. Die volle Gebühr erhöht sich dabei um jeweils EUR 39 je EUR 5.000 Gegenstandswert, bei EUR 50.000 um EUR 50.

Mehrvergleich

Umstritten bleibt, welche Gebühren der beigeordnete Rechtsanwalt bei einer Erstreckung der Prozesskostenhilfebewilligung und Beiordnung auf einen Vergleich seitens der Staatskasse verlangen kann. Der neue § 48 RVG Abs. 1 regelt nun ausdrücklich und unabhängig von der Verfahrensart, dass bei einer Erstreckung der Beiordnung auf den Abschluss eines Einigungsvertrags oder bei Beschränkung der Beiordnung oder Bewilligung hierauf, alle entstandenen gesetzlichen Gebühren und Auslagen von der Staatskasse zu tragen sind.

Anrechnung

Immer wieder gibt es Unstimmigkeiten bei Festsetzung der Vergütung aus der Staatskasse in Anrechnungsfällen. Mit Ergänzung des § 58 Abs. 2 RVG-E wird festgehalten, dass eine Anrechnung nur dann in Betracht kommt, wenn auch Zahlungen auf die anzurechnende Gebühr geleistet wurden und auf die Differenz zwischen Wahlanwalts- und Prozesskostenhilfegebühr anzurechnen ist.

Fahrtkostenpauschale und Abwesenheitsgeld

Die Fahrtkostenpauschale nach Nr. 7003 RVG wird auf EUR 0,42 angehoben. Diese Anhebung hatten BRAK und DAV immer wieder gefordert. Auch die Tage- und Abwesenheitsgelder bei einer Geschäftsreise in Nr. 7005 RVG werden angepasst. Diese betragen künftig EUR 30, EUR 50 bzw. EUR 80. 

Anwendbarkeit

Übergangsregelung

Die Übergangsregelung in § 60 Abs. 1 RVG wird geändert, um systematische Brüche zu beseitigen. Mit der Anpassung wird die Bedeutung des unbedingten Auftrages als maßgebliches Kriterium betont. Gleichzeitig soll ein gespaltenes Vergütungsrecht vermieden werden.

Ausblick

Nach Beratung des Bundesrates am 6.11.2020 wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung zugeleitet. Sie verfasste dazu eine Gegenäußerung und reichte beide Dokumente dann dem Bundestag nach. Dieser hat am 27. November 2020 die Änderungen des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts einstimmig beschlossen. Am 18.12.2020 billigte der Bundesrat das Kostenrechtsänderungsgesetz in der vom Deutschen Bundestag angenommenen Fassung. Sofern die Verkündung im Bundesgesetzblatt noch rechtzeitig erfolgt, wird das Gesetz am 01.01.2021 in Kraft treten.

Im Rahmen der Sitzung am 27. November 2020 lehnte der Bundestag darüber hinaus einen Entschließungsantrag der FDP-Fraktion ab, in welchem diese eine regelmäßige Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren sowie der Honorare der Sachverständigen und Dolmetscher durch Ankoppelung an einen „sachgerechten Index“ vorgeschlagen hatte.

In dieser Synopse finden Sie die Änderungen im KostRÄG 2021 auf einen Blick.

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